Weihnachtsfeiern sind schön

Weihnachtstrucks sind natürlich auch super, aber wollen wir über Weihnachtsfeiern reden? Nicht jeder will das, und ich verstehe das. Weihnachtsfeiern sind ja kein Weihnachtstruck, sie sind manchmal schlimm. „Da ist“, verrät ein erfahrener Weihnachtsfeier-Ausrichter, „schon der Punsch- oder Sektempfang langweilig.“ Und raunt verschwörerisch: „Und der ist noch der Höhe­punkt.“ Das ist nicht gut. Es kann danach ja nur noch steil abwärts gehen. Aber manche Weihnachtsfeiern sind schön. Außerdem gibt es fast immer etwas sehr Gutes zu essen, das ist sogar sehr schön.

Denn: Nach dem Sekt kommt meist eine sehr schöne Vorspeise; marinierter Feldsalat zum Beispiel, mit Gänseleber und Speck, dagegen ist doch rein gar nichts zu sagen. Und dann, etwas später: Ein Ganserl vielleicht, meistens vom Lugeder-Hof, mit karamellisiertem Blaukraut, Reiberknödel und Brat­apfel, mein Gott, ich schmelze, wann ist endlich Weihnachtsfeier, egal von wem, ich bin da­bei, aber sofort. Wobei da oft eine Hürde ist: Denn vor dem Hauptgang ergreift der Chef gern das Wort. Erst nimmt er den Löffel, der eigentlich für das Walnusseis mit warmen Zimtzwetsch­gen gedacht ist, dann klopft er gegen ein Glaserl, und dann kommt der Jahresrück­blick. Es gibt“, raunt deshalb der Gastronom, „nix Langweiligeres als Firmen-Weihnachtsfeiern.“

Wobei das ein bisserl ungerecht ist. Es gibt ja Chefs, die können richtig gut reden, denen hört jeder zu, sogar ganz hinten. Aber die meisten können das nicht. Eine „Tschakka!-Wir-schaffen-alles!“-Mo­tivationsrede probieren sie trotzdem, mit Rückblick, mit Ausblick, und wenn man Pech hat, mit Zahlen. Das ist auf einer Weih­nachtsfeier nicht so wahnsinnig spannend, weshalb dann heimlich gewhatsappt wird. Es kann nach dem Sekt aber auch ein schönes Supperl sein, sehr gerne Kürbiscreme, und dann eine Entenbrust, und zum Schluss eine Dessertvariation mit Bratapfel hausgemacht. Und ganz zum Schluss noch ein Grappa, Obstler oder sonst etwas in der Art, aber nur für die, die tatsächlich kommen. Und alle miteinander unterteilt der erfahrene Gastronom in vier Gruppen:

Verweigerer, Frühwiederheimwoller, Sehrgerndaseier

Da ist erstens der, der gar nicht kommt, weil er lieber daheim bleibt: Das ist der Verweigerer. Dann ist, zweitens, da der, der nur ein Mineralwasser trinkt, weil er noch fahren muss, und der oft auf die Uhr schaut, weil er bald fahren will: Das ist der Früh­wiederheimwoller. Dann ist da, drittens, der, der am liebsten bis in der Früh da sein würde: Das ist der Sehrgernda­seier. Vom Verweigerer, Frühwiederheimwoller und Sehrgern­daseier unterscheidet der Gastronom noch eine vierte Gruppe, die auch sehr interessant ist, aber die habe ich leider ver­gessen. Und alle zusammen müssen manchmal ein Lied singen, und nur der Verweigerer nicht. „Manche Chefs wollen das“, verrät uns ein Gastronom, und ein anderer bestätigt, was wir schon vermutet haben: Der Hit dabei ist O Tannenbaum. Es ist das klassische Weihnachtslied auf der Weihnachtsfeier, weil Stille Nacht noch nicht passend und Last Christmas zu schwierig ist.

Aber eigentlich traut sich heutzutage eh fast gar keiner mehr, deshalb kommt das allmählich ganz ab. „Ich hab einmal“, erzählt ein Gatronom, „mein Personal aus der Küche geholt und mitsingen lassen. Damit wenigstens irgendwer mitsingt.“ Und wo nicht gesungen wird, da wird gewichtelt. „Wichteln“, sagt ein Insider, „das ist die Alternative zum Singen.“ Das ist bei den meisten so, nur bei den Lehrern nicht. Bei Weihnachtsfeiern von Lehrern wird als Alternative ein besinnlicher Text vorgetragen, und zwar vom Religionslehrer, denn von Weihnachten versteht der am meisten, „und danach“, sagt ein Teilnehmer, „freut man sich aufs Essen und den lustigen Teil.“ Und manchmal wird auch bei den Lehrern gewichtelt, und das geht so: Jemand – meistens die Person, die am meisten Zeit zum Internetsurfen und Googeln hat, vermutet der Insider, aber das ist nur eine Vermutung – organisiert alles.

Diese Person kauft entweder alles ein, inclusive des Geschenks für den Chef, und rechnet centgenau aus, wer wieviel für das Chefgeschenk zahlen muss. Oder sie schreibt ein E-Mail an alle, dass jeder ein Geschenk im Wert von fünf Euro besorgt, und dann wird gewichtelt. „Man denkt ja immer, dass das ein Schmarrn ist“, sagt ein Mitwichtler, „aber da ist teilweise schon was Vernünftiges dabei.“ Dann denkt er kurz nach und sagt: „Ich selber hab einmal a Plüschkuh gekriegt“, und eine Plüschkuh ist doch wirklich vernünftig, besonders im Vergleich mit einer echten, allein schon aus Platzgründen.

Doug Kirton und der Pelikan-Malkasten

Nur manchmal gibt‘s Ärger, weil eine Kollegin wieder einmal nicht für fünf Euro eingekauft hat, sondern für zehn. Und nach dem Wichteln kommt als Nachtisch Lebkuchen­mousse oder Stollenparfait, und dann müsste man eigentlich schon bald heimgehen können. Weihnachtsfeier mit dem Betrieb ist oft wie im Büro einer Unternehmensberatung, wo man ja auch darauf achten muss, dass man nicht zu früh geht, weil man ja viel mehr Arbeit als alle anderen hat. „Das ist so ein Spielchen“, sagt der Gastronom, „wer steht als Erster auf, wer geht als Erster heim, und wer das Spielchen verliert, über den wird getratscht.“

Aber es gibt auch noch eine andere Art von Weihnachtsfeier: Die im Verein. In manchen Dingen ist sie der Betriebsweihnachts­feier sehr ähnlich, zum Beispiel wird auch im Verein sehr gern gesungen. Einmal, in einem Ballverein, gab eine Dame eine Opernarie zum Besten, „es war grausam“, erinnert sich ein Teilnehmer noch Jahre später, „die Trainer haben uns sofort das Lachen verboten, obwohl sie selber beinah mitgelacht hätten.“

Oder eine wirklich traurige Sache auf einer EHC-Weihnachtsfeier, als es noch keine Tigers gab, dafür aber Doug Kirton: Auf jener Feier bekam der große Doug Kirton einen Malkasten von Pelikan. Und es war der mit den 24 Farben, nicht der mit nur zwölf. Und obwohl es der mit den 24 Farben war, schätzte Kirton ihn wenig. Er warf ihn gegen die Decke. Da war der Kasten kaputt und im Saal war ein kleines Mädchen empört. Sie besaß auch einen Pelikan-Malkasten, jedoch nur den mit zwölf Farben; wunder­bare Geschenke kann man erhoffen auf Vereins-Weihnachtsfeiern, weil dort oft der Nikolaus kommt oder es eine Tombola gibt, nichts sehnlicher hatte sie sich gewünscht als einen Pelikan-Malkasten, einen mit 24 Farben: und da war Doug Kirton und hatte einen, und warf ihn gegen die Decke.

Und seit Jahrzehnten: Die DJK-Weihnachtsfeier

Jedoch das Geschenk, auf das alle am gespanntesten sind, gibt’s in der Weihnachtstombola der DJK Straubing, sie war am vergangenen Samstag.

Die DJK-Weihnachtsfeier gilt ja als eine der schönsten in ganz Straubing, weil es in diesem Verein einen großen Zusammenhalt gibt, und irgendwann ist die Tombola. Da sind dann alle gespannt, wer den Preis gewinnt, der jedes Jahr gleich ist, und von dem so­gar die ältesten Mitglieder nicht wissen, seit wann genau es ihn eigentlich gibt.

Es ist nicht der Hauptpreis, der ist ein 200 Euro-Modellbaukasten von einer Straubinger Firma, es ist auch kein Gutschein für eine Straubinger Cafebar. Es ist ein Preis, der dem Gewinner sehr, sehr viel Applaus einbringt, und es hebt ein großes Freudengeschrei an, und alle gratulieren dem Gewinner und sind glücklich darüber, dass er ihn gewonnen hat und nicht sie selber: Es ist ein Zehn-Liter-Kanister mit Straubinger Poiger-Essig, und in diesem Jahr hat ihn eine Dame bereits zum zweiten Male gewonnen.

„Der Preis ist Kult“, sagen sie in der DJK, ein echter Spitzenpreis, und sie lieben ihn. Und keiner muss den Preis selber zum Auto tragen, außer, er will. Denn immer ist einer da, der sagt: „Kimm, i häif da schnäi drong. Ned, dassdna am End no vagisst“, und freudig lacht. Ist so eine Weihnachts­feier nicht wunderbar? Ein Freund hat mir übrigens gestern Abend geschrieben, dass auf den Stadtplatz zu Weihnachten auch ein Essigtankzug vom Poiger gehört, nicht nur der von Coca Cola, weil Straubing nachhaltig und ein Essigtruck bestimmt auch eine Sensation ist. Aber ich glaube, da irrt er.

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