Von CSU zur ÖDP: Thomas Ammer

Es gibt einige überraschende Personalien vor Beginn des Wahlkampfs, und hier ist eine der überraschendsten: Thomas Ammer, noch vor vier Jahren CSU-Chef von Alburg, steht als partei-unabhängiger Kandidat auf der Stadtratsliste der ÖDP/PU. Ein überzeugter Schwarzer verlässt nach 35 Jahren seine politische Heimat und wechselt zu einer kleinen Partei: Was ist passiert? Thomas Ammer im Interview.

Thomas Ammer, in der Vorstellung am Mittwochabend haben Sie gesagt: „Irgendwann ist mir das ‚C‘ abgegangen.“ Wann genau und warum?

Thomas Ammer: Das ist schleichend gewesen. Aber der eigentliche Punkt war nicht die Kommunalpolitik. Das war die Politik in Berlin, das war der letzte Bundestagswahlkampf. Aus der Kommunalpolitik hab ich mich schon vor sechs Jahren langsam zurückgezogen, weil ich eher die Bundespolitik beobachtet hab mit der Ampel. Und dann hab ich mir den Friedrich Merz angeschaut und hab schon gesehen, da werden irgendwelche Sachen versprochen, die dann nicht kommen werden. Und dann fängst du zum Nachdenken an. Welche Werte vertritt die Union, und passt das noch zu dir selber? Und dann tut sich eine Schere auf.

Sie sagen: Schon vor sechs Jahren langsam zurückgezogen. Aber bis vor vier Jahren waren Sie CSU-Ortsvorsitzender, und Sie sollen nicht unbedingt freiwillig auf den Vorsitz verzichtet haben. Wie war das aus Ihrer Sicht?

Ammer: Nein, das stimmt nicht. Ich hab den Vorsitz aufgegeben aus freien Stücken.

Warum?

Ammer: Da waren halt Sachen, die ich damals auch nicht unbedingt mitgetragen hab. Aber das war nicht ursächlich, dass man gleich aus einer Partei austritt. Aber ich hab gesagt, wenn da Jüngere nachkommen und da andere Vorstellungen sind, gerne. Ich häng ja nicht an Ämtern.

Was waren das für Sachen, die Sie nicht unbedingt mittragen wollten in Straubing?

Ammer: Sehen Sie’s mir nach, ich will da jetzt nicht nachtreten. Ich hab halt gesagt, dann müssen das jetzt andere machen. Als Einziges hätte ich gerne noch den stellvertretenden Kreisvorsitzenden weitergemacht, aber das hat man mir dann mehr oder weniger genommen. Aber auch deswegen hab ich die Partei nicht verlassen.

Und wie ist Ihr Verhältnis zur CSU heute?

Ammer: Ich hab da kein Problem. Man muss halt schon auch mit Enttäuschungen umgehen können, das gehört einfach dazu. Ich hab nach wie vor Kontakte zur CSU und zum Oberbürgermeister. Das ist ja nicht der springende Punkt. Der eigentliche Punkt war der Bundestagswahlkampf.

Die CSU ist seit 18 Jahren die bestimmende Kraft in Straubing, Sie haben die Stadtpolitik lange Zeit mitgetragen. Was ist Ihre Bilanz dieser Zeit, für Sie persönlich und für die Stadt?

Ammer: Man hat am Anfang viel angefangen. Ich hab aber dann festgestellt, dass man davon ein bisserl abgekommen ist und das Einfache nicht mehr so im Vordergrund war.

Kann man das an einem Beispiel festmachen?

Ammer: Ich hab das ja in meinem Leserbrief kürzlich geschrieben. Wenn man beschließt, einen Anbau zu machen, den ich ja nicht an sich kritisiere, der aber auf wesentlich geringeren Kosten basiert: Dann frag ich mich, wie sowas so aus dem Ruder laufen kann.

„Weil man nicht genau hinschaut“

Sie meinen die Kostenexplosion beim Eisstadion-Anbau. Warum das so aus dem Ruder gelaufen ist, ist eine Frage, die kann man auch beim Bahnhofsvorplatz stellen, beim Kindergarten Stutzwinkel, beim Rathausbau, immer wieder.

Ammer: Das passiert eben, wenn man nicht mehr richtig hinschaut und nicht mehr richtig debattiert hat. Mein Anspruch ist, dass ich sage: So können wir nicht weitermachen. Das hat unter Merkel begonnen, dass man ganz, ganz viel Geld ausgegeben hat, und das ist auch der ganz große Fehler vom Friedrich Merz. Der hat mit einem abgewählten Bundestag die größte Schuldenorgie überhaupt organisiert…

Das ist jetzt wieder Bundespolitik. Wir wählen aber in Straubing.

Ammer: Aber wenn Sie mich nach dem Bruch mit der Union fragen -

Meine Frage war: Warum, glauben Sie, laufen in Straubing immer wieder kommunale Bauten finanziell aus dem Ruder?

Ammer: Weil man nicht genau hinschaut. Ich geb Ihnen ein Beispiel, keine reine Stadtsache, eine gemeinsame Geschichte im Berufsschulverband: Das neue Schülerheim für Berufsschüler. Das hat eine tolle Fassade. Wunderbar. Holz, nachwachsend, alles super. Aber wennn Sie’s genau anschauen, ist das eine mehrfarbige Fassade. Jedes Holz hat seine eigene Farbe. Wenn ich das einmal sanieren muss, muss ich jedes Hölzchen für sich abschleifen, dann einzeln Farbe drüber. Bei einer Putzfassade dagegen roll ich einmal drüber und der Kas is erledigt. Hat sich da keiner Gedanken gemacht, dass das zwar schön, aber im Nachgang teuer ist?

Und da sind wir genau in der nächsten Frage: Sie haben Erfahrung im Straubinger Politbetrieb, kennen die Akteure, und Sie bringen als Prüf-Ingenieur und Prüfsachverständiger Kompetenz auf dem grad in Straubing nicht unwichtigen Baubereich mit. Warum kandidiert so jemand nur auf Platz 13?

Ammer: Gute Frage. Ich wollt eigentlich noch weiter nach hinten.

Aber warum? Sie haben Interesse an der Politik, Sie haben Erfahrung und Sie haben Kompetenz auf im Baubereich. Warum nicht weiter nach vorn?

„Da unterstellen Sie mir fast ein bisserl Kompetenz“

Ammer: Gewählt kann man von jedem Platz werden. Wenn die Bürger sagen, den wollen wir haben, dann werden sie mich schon wählen. Und wenn ned, dann ist das auch eine demokratische Wahl. Und ich bin da erst seit ein paar Monaten dazuagrutscht, weil mich der Kreisvorsitzende angesprochen hat. Da kann ich doch nicht hingehen und Ansprüche stellen. Die werden sich schon was überlegt haben.

Damit zur ÖDP selber: Sie sind auch ein Mann der Wirtschaft, selbständig, eigenes Ingenieursbüro. Jetzt sind Sie auf einer Liste, die sehr stark geprägt ist von Heil-, Lehr- und überhaupt Sozialberufen, ohne großes Interesse an Wirtschafts- und Finanzthemen. Ist das nicht ein Problem in der heutigen Zeit?

Ammer: Damit unterstellen Sie mir fast ein bisserl, dass ich da meine Kompetenzen hätte. Ganz so ist es nicht. Ich hab damals das Bündnis für Familie mitgegründet, bin kirchlich interessiert, ich weiß, wie es mit den Kindergärten ist, ich bin schon stark sozial orientiert.

Durchaus, aber das ist das Hauptthema von praktisch jedem auf dieser Liste. Ihre OB-Kandidatin Katrin Dengler sagt ja ganz offen: Ihr Interesse sind die sozialen Themen, Finanzen und Wirtschaft sind eher nicht ihr Ding. Und da sehe ich schon eine gewisse Einseitigkeit.

Ammer: Wenn Sie das so sehen, kann ich ja feststellen, dass ich vielleicht durchaus für diese Liste eine Bereicherung wäre.

Ja, selbstverständlich, drum hab ich ja abgehoben auf Ihre Fachkompetenzen zum Beispiel im Baubereich.

Ammer: Ja, aber ich habe auch einen Bezug zu dem ökologischen Programm dieser Partei. Und mich freut es, dass die Partei einen Vorschlag von mir ins Wahlprogramm aufgenommen hat: Dass ein Fachberater, den die Stadt eh schon hat, einem Häuserlbauer zur Seite gestellt wird. Der soll den Garten anschauen und Vorschläge erarbeiten, wie der neue Garten naturnah gestaltet werden kann. Damit erhält die Natur etwas zurück, und bei mehreren zusammenhängenden Gärten würde deutlich Natur zurückgewonnen. Das wäre wichtig.

Und letzte Frage: Wie viele Sitze im Stadtrat wären ein Erfolg? Drei wie bisher? Was ist realistisch?

Ammer: Wenn wir fünf kriegen, wäre das ein Riesenerfolg. Drei sollten es schon wieder sein. Was mir gefallen tät, wenn die Hoheit der CSU wieder gebrochen würde.

Thomas Ammer, Danke für das Gespräch!









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