Christkindls Glühweinkrise

Bitte, es gibt eine Glühweinkrise am Christkindlmarkt, aber erst das Erfreuliche: Manchmal gehe ich durch mein Leben und grinse, zum Beispiel kürzlich am Christkindlmarkt, weil dort diese roten Schirme sind, und sie sind schön, darum wollen wir hoffen, dass das Ordnungsamt sie nicht sieht, sonst müsste es ja gegen sich selber ermitteln. Aber vielleicht ist es so, dass die Legalität einer Farbe eine Frage der Jahreszeit ist. Das aber nur nebenher, denn es geht um mehr als nur Schirme. Es geht um die Glühweinkrise.

Die Glühweinverkäufer sind nämlich unfroh, und das ist der Grund: Es gibt einen neuen Stand auf der Theresienplatzseite. Im Verwaltungsdeutsch heißt dieser Stand: „Kategorie 3: Ausschank/Imbiss spezial“. Man darf Pizza verkaufen in einem „Ausschank/Imbiss spezial“ der Kategorie 3, oder auch Burger, Fisch, Langos, Crepes und Kartoffelprodukte, oder auch Austern. Man darf auch „alkoholische und alkoholfreie Getränke“ verkaufen, das steht in der Ausschreibung. Aber dort steht auch etwas, das man nicht darf.

Denn in dieser Ausschreibung zum „Ausschank/Imbiss spezial“ steht auch: „Bitte beachten: Bei dieser Hütte dürfen kein Glühwein oder Heißgetränke ähnlicher Art ausgeschenkt werden.“ Das heißt: Bier, Wein oder auch Schaumwein sind total okay in einem „Ausschank/Imbiss spezial“ der Kategorie 3, Glühwein ist nicht okay. Und jetzt kommt, was die Glühweinverkäufer so unfroh macht: Es gibt dort Glühwein.

Wie traurig: Einfach vergessen?

Nein, sagt eine Verkäuferin in der Hütte, keinen Glühwein: „Es ist heißer Rotwein“, sagt sie, „mit eigenem Rezept, selbstgemacht.“ Aber „heißer Rotwein mit eigenem Rezept“, sagen die regulären Glühweinverkäufer, „das ist doch Glühwein, nix Anderes“, und selbst wenn es etwas Anderes wäre, wäre es auf jeden Fall ein „Heißgetränk ähnlicher Art“, wie die Ausschreibung es nennt, also auch nicht erlaubt. Die anderen Glühweinverkäufer ärgert das sehr.

„Straubing verlangt mehr Platzmiete als Nürnberg und Salzburg“, sagen sie, „Straubing hat die meisten Glühweinstände im weiten Umkreis, und Straubing tut nichts, wenn einer dann zusätzlich Glühwein verkauft, obwohl er nicht darf.“ Und sie sagen: „Für was gibt’s a Ausschreibung, wenn’s dann ned gilt?“ Wenn man diese Glühweinverkäufer dann aber fragt, warum sie nicht zur Stadt gehen und fragen, warum das so ist, sagen sie: „Samma ja. Aber die Stadt hat gesagt, dass sie vergessen haben, dass sie den Satz aus der Ausschreibung in den Mietvertrag zu der Hütte schreiben, und dass die Stadt glaubt, dass rechtlich der Mietvertrag zählt und nicht die Ausschreibung.“

Es ist eine sehr gläubige Stadt. Ihr Credo ist offenbar: Vor Gericht und auf hoher See ist man immer in Gottes Hand, man kann nie wissen, wie’s ausgeht. Drum ist ja so schad, dass die Stadt vergessen hat, diesen Satz – Sie erinnern sich: „Bitte beachten: Bei dieser Hütte dürfen kein Glühwein oder Heißgetränke ähnlicher Art ausgeschenkt werden.“ – dass sie im Mietvertrag genau den vergessen hat. Aber mei, das kann passieren. Ich zum Beispiel vergesse oft was, schon meine Mutter hat dann immer mit leichter Verzweiflung „Mei, du bist so a Christkindl“ gesagt, und es wird schlimmer: Einst war ich unschlagbar bei Pop, Rock und Schlagern der 60er bis zu den 90ern, heut bin ich schon froh, wenn ich nicht vergess, von wem Last Christmas ist. Warum soll’s der Stadt anders gehen?

...und dann noch Stromausfall

Irgendwer dort ist halt so a Christkindl, das die eigenen Vorgaben vergisst, und der Vertragspartner ist auch so eins. Warum auch nicht? Wir alle vergessen. Wir sind alle nur Menschen. Aber wenn ich ein Mensch wäre, der vom Glühweinverkauf lebt, würde mich das wahrscheinlich schon ärgern, besonders, wenn dann auch noch der Strom ausfällt. Der ist am Mittwoch in etlichen Hütten ausgefallen und am Freitag schon wieder, mitten in der Hauptgeschäftszeit, für Heißgetränke ist dann gleich wieder Krise. Der eilends geholte Elektriker wär beinah nicht auf den Markt gekommen, weil man ihm die Zufahrt erst nicht hat gestatten wollen, wegen der Sicherheit, logo, vielleicht war er auch so ein Christkindl und ohne Notfallzufahrtsberechtigungsschein am Tor. Vergessen ist ja so menschlich.

Übrigens, angeblich – bitte, ich britsche nur weiter, was Schausteller sagen – hat das Stadtmarketing schon vor Langem die Stadtwerke gebeten, eine stärkere Leistung sicherzustellen; aber vielleicht haben die Stadtwerke das auch einfach vergessen. Das kann schon passieren in einer vergesslichen Stadt. Aber jetzt ist der Strom wieder da und der Glühwein wieder heiß, der stundenlange Elektro-Notdiensteinsatz war von Erfolg gekrönt, und alles könnte wieder so schön sein.

Und das ist es ja auch. Am 13. Dezember kommt der Coca Cola-Weihnachtstruck her, natürlich nur, wenn er den Termin nicht vergisst. Aber das wird er nicht, ein Weihnachtstruck ist ja kein Christkindl. Außerdem hat Coca Cola Weihnachten schließlich erfunden, oder zumindest den Weihnachtsmann, und der trägt Rot. Vielleicht dürfen deshalb Schirme in Straubing zu Weihnachten rot sein, und nur, wenn nicht Weihnachten ist, nicht, das könnte doch sein.

Wünsche an den Coca Cola-Mann

Aber wenn Schausteller sich etwas wünschen dürften vom Coca Cola-Weihnachtsmann, dann wohl dies: Dass der Sepp Stelzl wieder Veranstalter wird. „Der hat viel mehr Werbung gemacht“, sagen sie, „Busunternehmen angeschrieben, und auch sonst viel.“ Aber den Wunsch kann man wohl vergessen. Und, dass etwas mehr Live-Musik gut wäre, weil Live-Musik Publikum zieht und eh gleich zwei Bühnen da sind, die aber erst am 6. Dezember erstmals bespielt werden sollten.

Nur, Live-Musik ist halt teuer: Die GEMA, die Honorare, die Tontechnik, und alles kostet. 25 000 Euro, sagt die Stadt vor drei Wochen auf meine Anfrage, kostet das Musikprogramm heuer, und dass es 16 Auftritte gibt, und dass das mehr ist als auf anderen Märkten. Aber dass „das Stadtmarketing versucht, ergänzende musikalische Beiträge in das Programm aufzunehmen, vorausgesetzt, sie lassen sich in das bestehende Konzept integrieren und sind organisatorisch und finanziell realisierbar.“

Da hab ich das Duo Zu Zwoat angerufen und gefragt, ob man schon gefragt hat, ob sie ergänzend realisierbar sind. Nein, hat man nicht, aber was soll ich sagen? Am Sonntagfrüh hör ich, dass sie am Samstag gespielt haben: Sie waren realisierbar, und sogar kurzfristig, da hab ich schon wieder gegrinst. Aber ich verstehe, dass Musik wirklich sehr teuer ist. Regensburg hat vor einem Jahr auf Musik völlig verzichtet, aber heuer haben sie regionale Chöre und Bläsergruppen mit GEMA-freier Musik. Notfalls könnten wir vielleicht auch wieder selber singen, wie damals, 2016 bis 18, dieses gemeinsame Singen: Das war doch auch schön, vielleicht erinnern Sie sich. Nein, tun Sie nicht? Ja, ja, man vergisst schnell.

Auch das war mit dem Sepp Stelzl möglich, damals war sogar der BR da. Der graubemützte Mann hinter der Reporterin bin übrigens ich.

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