Vandalismus

Nix Schlimmes passiert? Foto: privat

Vor zwei Wochen genau, bei der Einweihung des Kunstrasenplatzes, habe ich Vasile Reut kennengelernt, den Pfarrer der rumänisch-orthodoxen Gemeinde, sie ist in der Jesuitenkirche neben der Polizeiinspektion daheim. Es war kein langes Gespräch, aber es war ein freundliches, und wir haben Telefonnummern getauscht; vielleicht, haben wir gesagt, ergibt sich irgendwann was. „Irgendwann“ war sehr schnell. Am vergangenen Freitagabend hat er versucht, mich zu erreichen. Ich war mit meiner Tochter bei Freunden in Oberbayern, ich habe geschrieben, ich rufe zurück. Am Samstagabend habe ich ihn angerufen.

Er hat Fotos geschickt und auch in die Straubinger-Gruppe bei Facebook gestellt. Vandalismus in der Jesuitenkirche, schon wieder. „Sie haben Bänke umgeworfen“, sagt Vasile Reut, „sie haben versucht, das Gitter zum Hauptraum aufzubrechen.“ Man kann kühl technokratisch sagen, dass ja gar nicht viel passiert und kein großer Schaden entstanden ist. Aber darum geht es nicht. Es ist eine Tat, die gläubige Menschen erschüttert. Sie ist sinnlos, destruktiv und verletzend. „Ich versteh nicht, warum“, sagt Vasile Reut am Telefon, „und diese Sachen nehmen zu.“

Das dritte oder vierte Mal in kurzer Zeit ist jemand hinein in die Kirche, nur um zu zerstören. Vor fünf Jahren ist eine Madonna-Figur zerstört worden, die Polizei hat den mutmaßlichen Täter damals ermittelt. „Schuldunfähig wegen Krankheit“, war das Ergebnis. Natürlich hat Vasile Reut auch diesmal Anzeige erstattet. Doch meistens verläuft so etwas ergebnislos.

Warum Kirchen offen sind

Selbst, wenn am Gitter DNA-Spuren wären, sagt das nichts aus. Viele können das Gitter berührt haben. Das ist der Unterschied zum Fall der Madonna. Was also bleibt? Kirchentür abschließen? Das ist die eine Möglichkeit. Diese Möglichkeit wäre auch eine Kapitulation.

Protestantische Kirchen sind meistens nur für Gottesdienste offen, katholische und orthodoxe Kirchen waren dagegen immer auch außerhalb des Gottesdienstes offen. Der Protestantismus sieht die Kirche als den Versammlungsort der Gemeinde, also als Raum für die Gemeinschaft. Ein Christ, sagen die protestantischen Kirchen, kann überall beten, daheim, während der Arbeit, überall, und er kann es alleine. In Orthodoxie und Katholizismus sieht man das etwas anders.

Die Stille einer Kirche macht etwas mit dem Menschen. Er versinkt im Gebet, es wird meditativ. Vor allem die ältere Generation geht deshalb immer wieder in eine Kirche, um alleine zu beten. So hat es meine Mutter gemacht, so hat es meine Großmutter gemacht, so machen es immer noch einige Menschen in meinem Umfeld. Wenn Kirchen abgesperrt werden, ist das nicht mehr möglich. Sie verlieren etwas. Also, was bleibt?

„Die sicherste Stadt“

Eigentlich nur noch die Video-Überwachung. Eine Kamera, die den Raum beobachtet. Aber wäre das rechtlich möglich? „Das dürfte kein Problem sein“, sagt Johannes Mack, der diensthabende Pressemann der Straubinger Polizei an diesem Sonntag. Eine Kirche ist ein privates Gebäude, man kann es video-überwachen gegen Vandalismus. „Aber“, sagt Mack, „es ist auch ein öffentliches Gebäude, man müsste deshalb kenntlich machen, dass hier videoüberwacht wird.“

Der Angriff auf die Jesuitenkirche war am Freitagabend, „zwischen 18 und 20 Uhr“, sagt Vasile Reut, gegen 18 Uhr war jemand in der Kirche, um 20 Uhr wieder. Bis kurz vor 20 Uhr ist es noch hell. Zwei Tage zuvor, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, war der Einbruch im Laden von Andreas Seemann im Stadtturm.

Am Stadtturm. Foto: Engel

„Straubing ist die sicherste Stadt Niederbayerns“, hat Anette Haberl genau zwischen diesen beiden Vorfällen gesagt, „schön, wenn man über den Stadtplatz gehen kann und sich nicht fürchten muss.“ Anette Haberl war bis vor wenigen Monaten die Chefin der Polizeiinspektion Straubing, gesagt hast sie das am Donnerstagabend bei der OB-Nominierung der CSU in Sossau, und das mit der sichersten Stadt ist sicherlich so. Bayern ist das sicherste Bundesland, sagt die Statistik, und das ist sicherlich auch so, Niederbayern ist der sicherste Bezirk und Straubing die sicherste Stadt. „Offen lassen wird wahrscheinlich nicht die beste Lösung sein“, sagt Vasile Reut, „es ist einfach traurig.“

Weiter
Weiter

Einstimmig nominiert