Zerredet

Bleibt leer. Foto: Engel

Wissen Sie noch, wie das war mit der DEL? Damals, vor 20 Jahren? Das Stadion erstligagerecht umbauen! Frontseite schließen! Halb Straubing, darunter die Politik, ist fast in Ohnmacht gefallen: Investieren? Ins Eisstadion? Nur, weil der hiesige Club zufällig in die erste Liga purzelt? Völliger Unsinn, war zunächst die verbreitete Haltung: Die steigen doch eh wieder ab, viel zu riskant, zu teuer, zu unsicher, das rentiert sich doch nie.

Es hat Vertrauen gefehlt, und es soll ja Leute in dieser Stadt geben, die noch heute so denken. Aber 20 Jahre später ist der Club immer noch in der DEL, und zwar ziemlich weit vorne. Das liegt daran, dass Privatleute eigenes Geld investiert und damit auch ein städtisches Investment erreicht haben im Vertrauen darauf, dass das klappen kann; und es liegt wohl auch daran, dass Facebook noch nicht existent war und keine Anti-Kommentare die Diskussion bestimmt und ein Invest torpediert haben.

Es wird keinen Fischstand am Ludwigsplatz geben. Im Grunde kein Drama, bisher war ja auch keiner da. Andererseits: Durchaus ein Drama. Wie Straubing es schafft, eine Idee rauf und vor allem runter zu reden, das ist schon beachtlich. Anderswo bauen Städte auf ihre Marktplätze auch Stände und verpachten sie dann und nehmen Geld ein, und es ist kein Problem. In Straubing ist es eins.

Facebook, Online-Umfrage und Bürgerentscheid

Eine Idee ist zerredet worden, durch Internetkommentare und eine Umfrage. Ich glaube, dass mit dem Zerreden des Fischstands eine Chance vertan worden ist. Nicht von der Politik, die war in diesem Fall fast geschlossen dafür, etwas Neues zu probieren.

Facebook und eine Online-Umfrage haben die Diskussion bestimmt. Das Niveau war unglaublich niedrig, Meinungs-Schnellschüsse aus Fake News, Unkenntnis und Populismus bis hin zur Forderung nach sogar einem Bürgerentscheid. Wenn ein Fischstand einen Bürgerentscheid wert ist, dann ist das auch jedes neue Gewerbegebiet und überhaupt jede Investition, die eine Stadt mehr als 100 000 Euro kostet, weil es bei nahezu Allem im Leben ein Für und Wider gibt. Das wird dann richtig teuer. Aber dafür bekommen wir „einfache Antworten“ und „einfache Lösungen“, genau wie im Internet.

Auch anderswo, zum Beispiel in Sie-wissen-schon-wo, hat die Stadt selbst solche Stände gebaut und dann verpachtet. Ein Fischstand kann ein Geschäft sein, für die Stadt und den Pächter, und anderswo ist es das. Vielleicht war auch wirklich nicht alles bis ins Detail durchdacht. Vielleicht hätte es noch etwas mehr Feintuning gebraucht bei der Gastrofläche. So etwas kommt vor bei neuen Projekten. Aber je mehr unterschiedliche Produkte und auch Lokale am Stadtplatz sind, desto besser ist das für den Stadtplatz.

Doch mitentscheidend bei Investitionen ist schon auch das Klima. Wer Ablehnung spürt, überlegt sich, ob er sich wirklich drauf einlassen soll. Dann bleibt alles beim Alten und das Internet freut sich. Aber sind Leberkas, Weißwurst und Weißbier wirklich das, was der Stadtplatz als Alleinstellungsmerkmal braucht? Solange man Neues zerredet, wird nichts Neues passieren. Seien wir froh, dass bald die 20. DEL-Saison startet.

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„Es wird Wandel geben“