Ampelmantschgerl: Chapeau!

OB Markus Pannermayr (Mitte), Tiefbau-Chefin Cristina Pop, Ideengeber Andreas Fuchs 2. und 3. von links), Sponsoren und Verwaltungsteam. Foto: Engel

Bitte erschrecken Sie nicht, aber schon im folgenden Satz wird die Stadtverwaltung gelobt, was auf dieser Seite ja nun wirklich nicht allzu häufig passiert. Aber wat mutt, dat mutt, wie man im plattdeutschen Emden gern sagt, weshalb in Emden auch Otto Waalkes Dienst tut als Ampelmantschgerl; nicht zuletzt deshalb sage ich mit nur ein oder zwei Sätzen Verspätung: Das von einem Mitglied der Stadtverwaltung entworfene Bruder Straubinger-Ampelmantschgerl finde ich sehr gelungen. Devid Hang heißt der junge Mann, er ist der in der blauen Jacke auf dem obigen Foto, und zu dem Entwurf mein Kompliment.

Und es geht weiter mit Lob für unsere Verwaltung: Es ist nämlich so, dass am Donnerstagmittag, um genau zwölf Uhr, diese neuen Bruder Straubinger-Ampelmantschgerl an der Ampel Bahnhofstraße/Stadtgraben/Steinerthor-Platz angebracht worden sind, und zwar mit Zustimmung des kompletten Rathauses. „Warum auch nicht?“, werden Sie vielleicht sagen, „Ist doch nett, diese Idee, und über Sponsoren finanziert wie zum Beispiel die Bruder Straubinger-Gebäudereinigung, das kostet den Steuerzahler also keinen Pfennig?“

Freilich. Da haben Sie recht. Aber nur fast. Es ist nämlich auch so, dass ein Bruder Straubinger-Ampelmantschgerl rechtlich eigentlich gar nicht zulässig ist. „In Deutschland“ lesen wir zum Beispiel bei Wikipedia, „ sind von den Richtlinien für Signalanlagen (RiLSA) bzw. den Sinnbildern (schreitender Fußgänger) nach $ 39 Absatz 7 StVO abweichende Formen des Ampelmännchens rechtlich nicht zulässig und werden als problematisch für die Verkehrssicherheit gesehen.“ Und wie ein Sinnbild für einen schreitenden Fußgänger ausschauen muss, das hat die EU festgelegt. Nämlich so:

Die EU ist nämlich „bestrebt, die Sinnbilder der einzelnen Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen“, lesen wir weiter, und ferner: „Zu diesem Zweck wurde das Euromännchen entwickelt, das in neue Ampelanlagen eingebaut wird.“ Mit so etwas beschäftigen sich ernsthaft Beamte in Brüssel, obwohl alle Mitgliedsländer schon seit vielen Jahrzehnten selber Ampeln haben. Deshalb behaupte ich: Das ist genau nicht, was man sich unter Bürokratieabbau vorstellt. Aber das Schöne ist: Die Stadt Straubing hat sich über diesen bürokratischen Unsinn einfach hinweggesetzt! Und dazu sage ich nur ein Wort, und dieses Wort ist: Chapeau!

Und gleich noch einmal: Chapeau!

Es ist doch wunderbar, wenn man sich auch einmal etwas traut und eine lokale Größe zum Ampelmantschgerl macht, obwohl das nicht EU-rechtskonform ist, so wie jetzt Straubing beim Bruder Straubinger. Kein Jurist hat seine Stirn in krause Falten gelegt und mit besorgter Stimme vor möglichen Folgen gewarnt, niemand hat straf- oder ordnungsrechtliche Konsequenzen befürchtet; man hat einfach entschieden und dann einfach gemacht. Das ist doch schön, das ist gelebter Bürokratieabbau, das sollte man öfter tun, und vor lauter Begeisterung sage ich an dieser Stelle gleich noch einmal dieses Wort: Chapeau!

Und so schaut die Straubinger Ampel aus. Ist doch viel netter.

Gut, das Risiko war überschaubar. In Mainz sind die Mainzelmännchen auf der Ampel, in Hameln der Rattenfänger, in Augsburg der Kasperl und in München der Pumuckl, und Emden haben wir ja schon erwähnt. Nirgendwo schreiten EU-Truppen ein, was aber natürlich vielleicht auch daran liegt, dass es gar keine EU-Truppen gibt. Unzählige Ampelmantschgerl gibt es inzwischen, in Kaiserslautern zum Beispiel den Betzi, den Roten Teufel vom FCK; da denkt man doch sofort, dass auch der Tigo, das Tigers-Maskottchen, möglich sein müsste, aber natürlich nur, wenn wir Deutscher Meister werden, also nicht vor dem Frühling.

Nur die Operette fehlt noch

Es war übrigens der CSU-Stadtrat Andreas Fuchs, der die Idee zur Bruder Straubinger-Ampel gehabt hat. Und weil das eine sehr gute Idee war, glaube ich, dass er noch eine gute Idee haben sollte: Der Bruder Straubinger ist ja auch eine Operette, der erste große Erfolg für den Komponisten Edmund Eysler, Uraufführung am 20. Februar 1903 im berühmten Theater an der Wien, und das wiederum hat der Straubinger Emanuel Schikaneder gegründet. Ein großer Hit aus dieser Operette war damals Küssen ist keine Sünd mit einem schönen Kind, ein Wiener Walzer natürlich.

Es gibt etliche Aufnahmen davon, eine Version singt hier Peter Alexander und Robert Stolz dirigiert. Sagen Sie selbst: Das ist doch auch schön. Vor ein paar Jahren ist der Bruder Straubinger in Wiener Neustadt aufgeführt worden, mit sehr guten Kritiken. Das wäre doch auch in unserem Stadttheater schön, wenn wir schon eines haben. Ich finde, irgendwer sollte die Idee haben, diese Operette irgendwie nach Straubing zu holen, über das Landestheater Niederbayern vielleicht. Vielleicht ist die Landestheater-Musikdirektion ja begeistert und hat selber nur noch nicht dran gedacht.

Grundsätzlich erfunden als literarische Figur hat den Bruder Straubinger ja außerdem ein Landshuter, nämlich der Medizinstudent Carl Theodor Müller vor gut 200 Jahren, noch mehr niederbayerisches Lokalkolorit geht ja fast gar nicht. Es sind die kleinen Dinge“, hat OB Markus Pannermayr am Donnerstagmittag gesagt, „die mit Heimatgefühl zu tun haben“, und er hat darauf hingewiesen, wie stark es diskutiert worden ist, wohin und wie lang die Bruder Straubinger-Statue vom Steinerthor-Platz wegen des Neubaus dort weichen muss. Da hat er recht. Ich mag dieses Ampelmantschgerl.

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