Harte Zeiten

Das Rathaus im Sandtner-Modell von 1568: Damals war die Stadt noch etwas reicher.

Stadtkämmerer möchte man auch nicht sein heutzutage, nicht in Straubing, Niederbayern, vermutlich auch sonst nirgendwo in der Republik. Als Straubinger Kämmerer muss man heutzutage ja Sätze sagen wie: „Jetzt können wir noch einmal ausgleichen, aber mit fehlt die Fantasie, wie wir nach 2026 ausgleichen“, und: „Ich habe keine Ahnung, wie wir das 2027 in den Ausgleich bringen sollen.“ Das hat der Kämmerer Roman Preis am Dienstagabend gesagt, und das klingt nicht gut. Das liegt daran, dass die Finanzlage nicht gut ist. Ach was, nicht gut, sie wird katastrophal: Harte Zeiten.

Am Dienstagabend war Haushaltssitzung im Stadtrat. Der tagt seit inzwischen neun Jahren im Fraunhoferhallen-Komplex, im großen Seminarraum der SAuV, der Straubinger Ausstellungs- und Veranstaltungs-GmbH. Diese SAuV wird immer mehr zu einem Teil des Problems: 1,4 Millionen Euro hat der Stadtrat nun als Nachschuss für die SAuV genehmigt, nach 844 000 im Vorjahr, und für die nächsten Jahre könnte der Betrag weiter steigen.

Es ist nicht so, dass die SAuV der Hauptgrund wäre für das immer größere Finanzloch der Stadt. Viel entscheidender ist, dass die Sozialhilfekosten explodieren, die Jugendhilfekosten und die Bezirksumlage auch, von knapp 29 Millionen Euro auf fast 58 Millionen, eine Verdoppelung in nur zehn Jahren. Und Bund und Freistaat bürden immer mehr Aufgaben auf, für die die Stadt mehr Personal braucht, aber bezahlen tun Bund und Freistaat gar nichts von dem, was sie bei den Kommunen bestellen. Und dann ist da noch die SAuV.

Es wird noch defizitärer werden

Die SAuV hat immer einen Zuschuss von der Stadt bekommen: 544 000 Euro pro Jahr, viele Jahre lang. Dafür hat die SAuV Verwaltung und Betrieb der Fraunhoferhalle gemacht, die Kosten von Zins und Tilgung der Baukosten waren für die Stadt damit auch abgegolten. Dann waren auch die alten Messehallen bei der SAuV, sie hat investiert und Dächer saniert, und der Zuschuss ist auf 844 000 Euro erhöht worden. Und jetzt sind es 1,4 Millionen: Über eine halbe Million mehr. Und es könnte noch mehr werden. Warum?

Ganz rechts hinten im Erdgeschoss tagt derzeit noch der Stadtrat.

In einer Haushaltssitzung reden sie nicht über so etwas. Das tun sie vielleicht in einer Aufsichtsratssitzung der SAuV, aber nicht im Stadtrat. Es scheint aber wohl so zu sein: Früher einmal waren Volksfest und Ostbayernschau so etwas wie die Cash Cow der SAuV. Damit hat sie Geld verdient. Das Volksfest hat höhere Platzmieten als das Oktoberfest, Volksfest und Ostbayernschau bringen immer noch Geld. Aber es ist nicht mehr so viel wie früher. Das hat mit Corona zu tun, und auch mit der Sicherheit.

Nach den zwei Jahren ohne Volksfest und Ostbayernschau hat die SAuV festgestellt: So richtig drängen die Aussteller nicht mehr auf die Ostbayernschau. Es sind weniger geworden. Die Einnahmen sinken. Gleichzeitig ist Vieles teurer geworden. Praktisch alle Kosten sind gestiegen, allein die Toilettencontainer sind nach Corona plötzlich doppelt so teuer geworden, und der Sicherheitsaufwand steigt sowieso: Immer mehr Security, nicht nur in den Zelten, auch auf dem Platz selber, und die auf dem Platz zahlt die SAuV.

Der Seminarraum wird leerer

Über die Fraunhoferhalle kommt auch nicht genug herein. Sie wurde vor 30 Jahren gebaut. Die Idee war, als Messestadt mit ihr Geld zu verdienen. Funktioniert hat der Plan nicht sehr gut. Wenn in einem Jahr der Stadtrat und alle Ausschüsse wieder im Rathaus tagen, wird auch der Seminarraum wieder leerer sein und wieder eine Einnahme wegbrechen. Die SAuV ist ja eine GmbH und bekommt selbstverständlich jedes Mal Saalmiete, wenn ein Ausschuss tagt. Allein das dürfte eine mittlere bis hohe fünfstellige Summe sein.

In der Haushaltssitzung ist über Vieles geredet worden. Der CSU-Fraktionschef Holger Frischhut hat mit Recht kritisiert, dass Straubing Aufgaben aufgedrückt bekommt, aber keine Finanzierung dafür, und dass die Stadt leider die Gewerbe- oder Grundsteuer nicht beliebig erhöhen kann, weil das kaum noch ein Unternehmen verkraftet. SPD-Fraktionschef Peter Euler hat mit Recht ähnlich geredet und ansonsten die Stadtpolitik so stark gelobt, dass man unwillkürlich überlegt hat: Will er Holger Frischhuts Job als CSU-Fraktionschef oder doch den von Werner Schäfer als Bürgermeister? Und die Opposition hat wie die Opposition geredet, was ja auch ihr Job und in Ordnung ist. Nur darüber, wie man die SAuV, immerhin eine städtische Tochter, flottmachen könnte, spricht bisher niemand.

Durchaus zu Recht haben, meine ich, die Grünen-Chefin Feride Niedermeier und ÖDP-Chef Karl Dengler auf das Baumarkt-Debakel im Westpark verwiesen und darauf, dass der Rewe-Markt im Center nicht überleben werde, wenn nun ein weiterer Lebensmittelmarkt den Baumarkt ersetzen soll. Sehr schön auf den Punkt gebracht hat’s Karl Dengler: „Die gleichen Gutachter, die uns die Notwendigkeit eines Baumarkts bescheinigt haben, erklären uns nun die Notwendigkeit eines Supermarkts.“ Auf den Unsinn dieser Gutachter-Gläubigkeit darf man auch in einer Haushaltssitzung durchaus verweisen. Aber interessant wäre schon auch die Frage: Wie geht die Stadt damit um, dass eine ihrer Tochtergesellschaften immer mehr Geld von ihr braucht, obwohl sie selbst kaum noch eines hat?

Lösung? Wer sucht?

Diesmal kann der Stadtkämmerer Roman Preis den Haushalt noch einmal ausgleichen. Es gelingt nur, weil er zehn Millionen Euro von den Stadtwerken bekommt und fünf Millionen von der SER: 15 Millionen von zwei städtischen Töchtern, die das Geld selbst ganz gut brauchen könnten, und die das vor allem nicht jedes Jahr machen können. Und zehn Prozent dieser 15 Millionen gehen gleich weiter an eine andere städtische Tochter, die SAuV. Was also tun? Einen Gutachter holen? Wohl hoffentlich nicht.

Es ist keine schöne Lage für Roman Preis. Er ist ja nicht nur Kämmerer einer finanzschwachen Stadt. Er ist ja auch Geschäftsführer der SAuV, die nicht genug Geld verdient und Defizit macht. Im Oktober waren an 16 Tagen Veranstaltungen in der Fraunhoferhalle. Acht davon waren Sitzungen von Stadtrat und Ausschüssen. Ist das Problem, dass die Halle zu leer ist? Sind die Kosten zu hoch?

Es ist nicht so, dass die SAuV das größte Finanzproblem dieser Stadt ist. Freistaat und Bund verursachen sicher ein größeres, und darauf hat die Stadt keinen direkten Einfluss. Aber die SAuV ist eine städtische Tochter, hier hat die Stadt selber Einfluss. Die Zeiten sind hart, und meine Preis-Frage ist: Wie kann die SAuV Geld verdienen?

Weiter
Weiter

Straubing, We Have A Problem!