Abenteuer am Samstag

Neuer Motorradparkplatz. Foto: Engel

Manchmal ist das Leben ein großes Abenteuer, oder ein kleines, es kommt auf den Standpunkt an, entscheiden Sie selbst. Wir waren im Seethaler, denn es war Samstag. Es war kurz vor 14 Uhr, die Freischankfläche war unbespielt von jeglicher Art von Musik, was aus Sicht unserer regelbetonenden Stadtverwaltung sehr begrüßenswert ist. Plötzlich ein Dröhnen. Nicht so laut wie die Beats, mit denen am vergangenen Sonntag der Hans im Glück-DJ den Stadtplatz beglückt hat. Es war mehr ein Brummen, wie es Motorräder machen. Es waren Motorräder.

Aus Richtung Einhorn-Apotheke sind sie herangefahren, etwa 15 bis 20 Stück, auf ihnen etwa 15 bis 20 Männer, meist in Leder gekleidet. Es war ungewöhnlich. Man sieht nicht oft 15 bis 20 Motorräder mit Brummbrumm durch Fußgängerzonen rollen, vielleicht waren es auch nur 14, leider kann ich Stückzahlen und Menschen nicht allzu gut schätzen. „Schauts!“, hat einer an unserem Tisch gestaunt, „do kemand d’Rocker durch d’Fußgängerzone!“ Da haben alle am Tisch gestaunt, und ich glaube, an den anderen Tischen auch.

Die Männer sind bis zum Ende der Freischankfläche gefahren. Dann haben sie ihre Motorräder geparkt, und an unserem Tisch entstand eine Diskussion über die Frage, was das nun bedeute und ob eine Fußgängerzone möglicherweise auch ein Motorradparkplatz sei oder eher nicht. Eine Mehrheit am Tisch neigte der Auffassung zu, dass sie keiner sei. Das war der Moment, in dem ich beschloss, das Abenteuer zu suchen.

Wie das Lächeln gefror

„De frog i etz einfach“, habe ich gesagt und mich erhoben, und ich ging zur Motorradgang, und sie waren 20 und ich war nur einer, und hinter mir am Tisch begannen meine Freunde für mich zu beten. Es waren nur wenige Meter zum neuen Motorradparkplatz. Als ich am Ziel ankam, fand ich Motorradfahrer vor, deren Alter ich auf irgendwo zwischen 40 und 70 schätze, aber ich schätze auch das Alter von Menschen meist nicht sehr gut. Sie wirkten freundlich. Sie waren wie ich.

„Servus“, habe ich freundlich gesagt, „wo seids ihr denn her?“ „Servus“, hat einer von ihnen gesagt, „mia samma von Straubing“, und ein anderer hat dazu freundlich genickt. „Ah, ja“, habe ich gesagt, „derf i eich schnell amoi ebbs frong?“ „Freilich“, hat einer von ihnen freundlich gesagt, und mit großer Freundlichkeit habe ich gefragt: „Welchen Teil von ‚Fußgängerzone‘ habts ihr ned verstanden?“

Da gefror das Lächeln auf ihren Zügen, frostig wurden ihre Mienen und ich schwöre, das Klima am Stadtplatz war auf einmal kalt. „Wos mägst du wissen?“, hat einer von ihnen zurückgefragt, mit Betonung auf „wos“, und ich habe ein bisserl gezittert, wahrscheinlich, weil grad ein eisiger Windhauch vorbeistrich. Dinge ändern sich manchmal sehr schnell, und Temperaturen halt leider auch. „Weil des doch a Fußgängerzone is“, hab ich versucht, denn Sinn meiner Frage zu erklären, „und da ham mia uns gfragt, warums ihr da parken dats?“

„Am Motorradparkplatz war nix frei“

Ein paar traten näher. Das Interesse der Gruppe an unserem Gespräch nahm zu. „Des is abgsprocha“, erklärte mein Gesprächspartner, „am Motorradparkplatz oben war nix mehr frei, und außerdem fahrma in zehn Minuten wieder weiter, weil mir da bloß a Eis essen.“ Weil aber noch ein paar aus der Gruppe Interesse an dem Gespräch zeigten und mich etwas fröstelte, nahm mein Interesse jetzt ab. „Alles gut, alles gut, basst scho“, hab ich gesagt, „i woid ja bloß frong“, und ich habe den Rückzug angetreten, ohne zu fragen, mit wem man das an einem Samstagmittag in Straubing absprechen kann.

Bereits 35 Minuten später waren auch die zehn Minuten Eisessen vorbei und die Motorräder rollten vom Platz in die Aprilgasse hinein. Ich weiß nicht genau, ob dieser Kontaktversuch von mir gut war oder doch eher nur blöd. Es ist ja doch wirklich kleinlich, Motorräder ungut zu finden, nur weil sie durch Fußgängerzonen fahren und parken, wenn ein Motorradparkplatz nicht frei ist, und ich hab ja nur ein bisserl gefragt.

Vielleicht war am Hagen auch grad nix frei, wer weiß, so groß ist der Hagen ja auch wieder nicht. Was ich jetzt aber weiß, ist dies: Wenn man es abspricht, kann man mit 15 bis 20 Motorrädern in Straubings Fußgängerzone parken und 35 Minuten lang zehn Minuten lang Eis essen. Nur mit wem man das abspricht, weiß ich leider nicht, und es klingt schon auch ziemlich abenteuerlich.

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Ein Tag in Wels