Markus Pannermayr, Teil 2

Markus Pannermayr bei der Nominierung, MdL Zellmeier hält’s fest für die Nachwelt. Foto: Engel

Herr Pannermayr, das Plaza-Dach steht auch für einen grundsätzlichen Vorwurf: Verwaltung langsam, überlange Planungs- und Bauzeiten, oder blockiert, wie bei den schon oft von Innenstadt-Anliegern geforderten Straßenschwellen, zuletzt auf der Bürgerversammlung. Denn wenn stimmt, dass Straßenschwellen für Einsatzfahrzeuge, Radler und Behinderte ein zu großes Problem sind: Wieso funktionieren diese Schwellen in anderen Städten?

Pannermayr: Sie werden jetzt vielleicht überrascht sein, weil Sie Ihr Urteil über die Bürgerversammlung ja schon getroffen haben, und zwar unmittelbar nach Schluss der Versammlung: Wir werden dem Ordnungsausschuss vorschlagen, solche Schwellen auszuprobieren.

Und das ist genau richtig, dass man das endlich tut.

Pannermayr: Das habe ich aber in der Versammlung schon gesagt.

Ja, aber der Punkt ist doch der, dass auch in dieser Versammlung die Verwaltung wieder erst ablehnt und „geht nicht” sagt. Es haben Anwohner aus der Koppgasse, der Bürg, anderen, schon vor Jahren nach Schwellen gerufen, und die Verwaltung hat bisher immer gesagt: Leider, geht nicht. Jetzt sagt der OB „prüfen”, jetzt geht’s doch.

Pannermayr: Der zuständige Mitarbeiter hat in der Bürgerversammlung Stellungnahmen von Polizei und Rettungsdiensten wiedergegeben. Zu entscheiden haben dann letztlich Gremien. Das Thema wird jetzt im Ordnungsausschuss behandelt. Ich habe die Verwaltung angewiesen, das so vorzubereiten, dass wir das ohne teure Installationskosten ausprobieren und mit einem Provisorium testen können.

Noch eine Frage zur Bürgerversammlung: Was bringt’s, wenn man da zum Bürger sagt: Überlegen wir ohne Finanzschere im Kopf, und dann kommen Luftschlösser raus wie ein Glasdach überm Stadtplatz?

Pannermayr: Da sind Ideen dabei, die sicher nicht realisierbar sind. Ich finde, dass man trotzdem zuerst einmal frei denken darf. In der Realität werden nach meiner Erfahrung die Ideen ohnehin schnell kleiner. Außerdem sind wir mit Vertretern der Privatwirtschaft im Gespräch, was wir uns möglicherweise gemeinsam zutrauen.

Man kann auch mit hundertprozentiger Sicherheit voraussagen, dass auch Vorschläge kommen wie „Busse raus aus dem Stadtplatz“ und „Donau einbinden“. „Busse raus“ haben Sie schon als JU-Vorsitzender gefordert.

Pannermayr: Sie werden in jeder Stadt Themen finden, die vielleicht schwer lösbar sind oder noch nicht gelöst sind. Bei uns zählt dazu die zentrale Busumsteigestelle.

Ein Argument gegen einen Bushalt in der Inneren Passauer Straße war immer, dass ein Einbahnstraßenring Innere Passauer/Stadtgraben/Mühlsteingasse nicht möglich ist, weil es Staus gäbe. Jetzt war diese Situation wochenlang wegen des Baus an der Persil-Uhr. Ginge es vielleicht nicht doch?

Pannermayr: Es gibt schon Probleme dort im Straßenverkehr, Ärger gibt es dort auf alle Fälle. Teil des Problems ist ja, dass das Links-Abbiegen in die Mühlsteingasse die Kreuzung überfordert. Sie müssten dann Richtung Osten über den Bahnhof fahren. Ein Thema – und das ist natürlich jetzt ohne die Schere im Kopf gedacht – das wir mit Innenstadtgruppen zum geplanten Parkhaus am Bahnhof diskutieren ist: Gibt’s eine kluge Idee, wie man die Verbindung von der Bahnhofstraße in die Innenstadt schlägt? Das hätte den großen Vorteil, dass Bahnhof und Innenstadt besser angebunden sind, das würde auch neue Chancen bieten.

Das wäre etwas, das die Stadt weiterbringt.

Pannermayr: Was man aber nur denken kann, wenn man sich traut, erst einmal ohne Schere im Kopf zu denken. Vielleicht haben wir jetzt ein Beispiel, dass es sich lohnt, frei zu denken. Auch, wenn dann manchmal ein Glasdach über dem Stadtplatz vorgeschlagen wird.

Okay, Punkt für Sie. Und jetzt aber trotzdem noch eine ganz gemeine Verknüpfung: Wie lange dauert eine Verlängerung von einem Sonderparkausweis, wie ihn Handwerker, Hausverwaltungen, viele Leute brauchen? Vier bis sieben Monate, sagen Betroffene. Oder: Wer eine Genehmigung für ein Betonsilo braucht, weil er sein Haus umbaut, muss wochenlang warten, und das kostet Zeit und Geld. Und jetzt die gemeine Verknüpfung: Wär es nicht besser, man würde sich mit dem schnellen Verlängern von Ausweisen beschäftigen statt mit den Farben von Sonnenschirmen am Stadtplatz? Oder ist das gemein gefragt?

Pannermayr: In der Kategorie „gemein“ denke ich nicht. Ich bin schon neugierig, ob’s am Ende auch Fragen gibt, die auf positive Themenfelder gehen.

Ich fürchte fast, nicht.

Pannermayr: Das habe ich ja fast erwartet. Fakt ist, dass alle Kommunen ständig neue Aufgaben erfüllen müssen. Gleichzeitig muss ich dem entgegenwirken, dass die Verwaltung ständig neues Personal braucht. Für die Fälle, die ich kenne, haben wir immer eine Lösung gefunden. Aber es mag sein, dass auch Fristen entstehen, die als nicht angemessen empfunden werden. Daran müssen wir arbeiten. Zu den Sonnenschirmen: Ich persönlich habe kein Problem mit gedeckten Farben. Aber da wird sich der Ordnungsausschuss jetzt damit befassen.

Der Dechanthof mit dem Burgtheater: 2018 gekauft für geschätzt etwas mehr als eine Million; dann passiert jahrelang gar nichts, Regen durch Löcher im Dach, keine Sicherungsmaßnahmen. Dann Verkaufspläne und Ausschreibung für die Kaufsumme plus Kreditzinsen etc, also 1,65 Millionen Euro. Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sie dieses Geld wieder reinkriegen? Die Stadt sagt ja selbst, dass eine Sanierung mit viel Risiko behaftet ist und womöglich mit kostenträchtigen Überraschungen.

Pannermayr: Wenn mein Ziel wäre, das Geld schnell wieder reinzubekommen und sonst keine weiteren Kriterien relevant wären, dann hätten wir schon verkauft ohne jede Auflage. Aber dort ist ein Ort entstanden, der Kraft und Bedeutung hat, und mir war klar, dass das Folgewirkungen hat. Als ich im Hinblick auf Schwimm, Agnes, Schwimm gesagt hab, „ihr könnt da rein“, und wir auch dem Burgtheaterverein ein Nutzungsrecht gegeben haben, war mir klar, dass daraus Begehrlichkeiten entstehen. Aber mein Job ist nicht, mir Probleme vom Hals zu schaffen, sondern dass ich Möglichkeiten sehe und ihnen Raum gebe. Wie sichert man im Falle einer Veräußerung die kulturelle Nutzung sauber und vernünftig ab? Da gibt es noch Klärungsbedarf. Das heißt konkret, dass wir jetzt von einem schnellen Verkauf absehen und auf Kosten des Kommunalunternehmens das Dach sichern. Wir haben einen Bedarf an Kultur und Kleinkunst, und solche Orte bieten Chancen, auch, um die Menschen in die Innenstadt zu bringen.

Bisher war die Haltung: Burgtheater und Dechanthof miteinander verkaufen, weil eine Trennung nicht möglich sei. Das hat Roman Preis als Chef des besitzenden städtischen Kommunalunternehmens im März klar gesagt. Gilt das noch?

Pannermayr: Ich hab da keine Denkverbote. Es gibt Argumente, die eine Trennung baulich nicht ganz einfach machen. Aber die Kunst ist ja, eine Lösung zu finden, die die kulturelle Nutzung möglich macht, ohne uns finanziell zu überfordern. Die Kernfrage ist, ob es finanziell tragfähig ist, wenn wir das behalten. Da hab ich noch kein abschließendes Urteil.

TUM-Campus Straubing: Bei Ihrem Antritt vor 18 Jahren hat man mit langfristig etwa 1 000 Studenten gerechnet. Derzeit sind es gut 1 200, also ein Erfolg. Aber die Hoffnung war, dass das in der Stadt spürbar wird, über den Bau von Studentenheimen hinaus. Braucht Straubing noch mehr Studenten, und werden die kommen?

Pannermayr: Ich glaube nicht, dass 1 200 das Ende der Fahnenstange sein kann oder wird. Man sieht ja, dass die Qualität der TU und die Qualität der Themen zündet. Das ist attraktiv. Die Herausforderung ist, das weitere Wachstum auch finanziell zu hinterlegen. Wir sind jetzt bei 25 von 34 zugesagten Professuren. Jetzt geht es konkret um die Stellen, die für den weiteren Ausbau notwendig sind. Und auch die Infrastruktur muss weiter wachsen. Auch das dauert und kostet. Wir könnten so ein Gebäude wie das an der Uferstraße in gleicher Größe sofort noch einmal brauchen. Ich bin sehr froh, dass aktuell ein Modulgebäude auf dem Stadtwerkegelände gebaut wird, für ungefähr 30 Millionen. Und wir sind grad dabei, ein Konzept für den Weg Richtung 2040 zu entwickeln zum weiteren Ausbau. Die Größenordnung für Straubing, die in die Stadt wirkt und den Standort wirklich stabil macht: Da würde ich die Zahl von 3 000 Studenten nennen.

Finanzen der Kommunen: Überall schwierig. Muss auch Straubing mit rückläufiger Gewerbesteuer rechnen?

Pannermayr: Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist die Kernfrage unseres Landes. Der Transformationsprozess ist im Maschinenbau besonders ausgeprägt, und der Maschinenbau ist besonders wichtig für uns. Aktuell zeichnet sich noch kein Rückgang der Gewerbesteuer ab. Aber das kann sehr schnell gehen. Und das zweite Problem ist, dass die Ausgaben weiter wachsen durch den Druck der sozialen Kosten. Was uns Sorge macht, ist, dass wir sehen, dass es im Bereich der Deregulierung keine wirkliche Trendwende gibt.

Warum ist das so? Sie haben viele Verbände, Gemeindetag, Landkreistag, Städtetag. In Talkshows werden die Probleme benannt, aber die große Politik reagiert nicht.

Pannermayr: Ich will nicht sagen, dass sie nicht reagiert. Vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, dass sich in den letzten Jahren nahezu jeder an einer nennenswerten Deregulierung die Zähne ausgebissen hat. Ich glaube, dass wir uns bewusst machen müssen, dass das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Wir wollen alle abstrakt die Deregulierung, aber sobald konkrete Rechte berührt sind, wird selbstverständlich der komplette Rechtsweg in Anspruch genommen. Manchmal habe ich das Gefühl, vielleicht ist tatsächlich der Leidensdruck noch nicht hoch genug. Mir ist kein Beispiel aus der Geschichte bekannt, wo eine Gesellschaft aus sich heraus eine grundlegende Deregulierung bewältigt hat. Wir werden das leisten müssen, und dazu gehört auch eine Fehlerkultur. Das ist auch eine Frage an Sie persönlich. Sie sind jemand, der mit solcher Liebe zum Detail nach Fehlern sucht und mit Freude das kleinste Haar aus der Suppe fischt: Wir alle werden eine andere Fehlerkultur entwickeln müssen.

Ich versteh, dass Sie das sagen müssen.

Pannermayr: Nein, ich sag das, weil ich das so sehe.

Okay. Aber davon abgesehen: Sie sagen: Es muss erst schlechter werden, bevor es besser wird.

Pannermayr: Im Großen glaub ich das. Das entbindet uns aber nicht von unserer Aufgabe, in unserem eigenen Wirkungsbereich Potentiale zu suchen. Auch Verwaltungen sind ja nicht nur Opfer, sondern auch Täter, da werden Sie mir ja sofort Recht geben. Die Aufgabe an uns ist schon auch, manches etwas lockerer und weniger reguliert zu machen.

Und haben Sie jetzt das Gefühl gehabt, dass das ein Gespräch war, das zu sehr nach Haaren in der Suppe gesucht hat und Sie unfair behandelt worden sind?

Pannermayr: Es war, wie ich es erwartet habe. Als unfair empfinde ich es nicht.

Und war es so, dass es zu sehr um Haare in der Suppe gegangen ist?

Pannermayr: Mei. In der Suppe gäb’s viele andere große Themen.

Zum Beispiel?

Pannermayr: Ich hätte gern noch mehr über den Wohnungsbau gesprochen, was brauchen wir da wirklich? Was müssen wir tun, um die Gesellschaft zusammenzuhalten? Was steht an Aufgaben an im Bereich Kita und Schule? Was braucht eine älter werdende Gesellschaft?

Wissen Sie, warum ich danach nicht gefragt hab?

Pannermayr: Ja?

Weil das haben Sie bei Ihrer Nominierung alles gesagt, und das werden Sie in verschiedenen Interviews, Talkrunden und Presseartikeln in den nächsten sechs Monaten oft sagen, das werden wir noch oft hören. Ich frag da lieber nach dem, was mir auffällt. Es war ein langes Gespräch, Markus Pannermayr, Danke für dieses Gespräch.

Pannermayr: Ebenfalls vielen Dank, Herr Engel.

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Da schau her: Grüne mit Dasch!

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Markus Pannermayr: Das Interview, Teil 1