Ja zum Fisch

Eindeutig: Fast alle für Fisch. Foto: Engel

Das Ende wird anders sein, aber beginnen wir heute als eine seriöse Nachrichtenseite: Mit nur drei Gegenstimmen hat der Stadtrat am Montagabend einem Fischstand am Ludwigsplatz zugestimmt. Der Stadtrat setzte außerdem fest, dass der Stand mindestens 60 Prozent Fisch im Angebot haben muss. So ungefähr kann man das, glaube ich, seriös formulieren. Und jetzt auf in die Highlights:

 „Herzlichen Glückwunsch an Herrn Wagner“, sagt der Freie Wähler-Chef Adolf Herpich an die Adresse des Leerstands-Managers Simon Wagner, „der mit Salamitaktik den Stand durch alle Gremien gebracht hat“, und er sagt: „Chapeau!“

Der Vorwurf mit der Salami kommt unerwartet, und er ist auf jeden Fall kontraproduktiv: Wer unter der Fischtheke sitzt, sollte nicht mit Würsten werfen, weiß ja schon der Volksmund, und grad mit einer Salami nicht. „Ich weiß“, sagt deshalb der OB zu Herpich, „dass Sie beim Thema Fisch gedanklich an der Wurst hängen. Aber Herr Wagner hat keine Salamitaktik angewandt.“

Wie die 60-oder-80-Prozent-Frage entstand

Herpich bleibt bei seinen Bedenken und macht einen Vorschlag: Das Thema verschieben. Noch einmal? Nach inzwischen vier Sitzungen? Zu einem Fischstand? Nicht einmal die jüngste Grundgesetzänderung hat so viele Sitzungen gebraucht. Der Vorschlag stößt mehr auf Heiterkeit als auf Unterstützung.

Heiterkeit entsteht auch in dem Moment, als die Grünen-Fraktionschefin Feride Niedermeier auf geniale Weise einen ganz neu und komplett unerwartet aufgetauchten Diskussionspunkt entschärft: Wieviel Prozent Fisch, war die plötzlich wichtig scheinende Frage, soll dieser Stand haben? Sollen es 60 sein ? Oder lieber 80 Prozent?

Für die CSU lobt nämlich der Fraktionschef Holger Frischhut erst den ganzen Plan als „mehr als gelungen“, schiebt dann aber gleich einen Wunsch nach: Den regionalen Fischanteil „von 60 Prozent zu erhöhen auf 80 Prozent.“ Warum genau das so wichtig sein soll, wird nicht ganz klar. Aber trotzdem passiert nun genau das, was sich Friedrich Merz für die Zukunft von Herzen wünscht: Der SPD-Fraktionschef Peter Euler sagt zu einem CSU-Vorschlag: „Dem würden wir uns nicht entgegenstellen.“

Feride Niedermeier durchhaut den Gordischen Knoten

Das Entgegenstellen hat daraufhin sofort die Linke übernommen. „Ich bin für 60 Prozent“, erklärt Johannes Spielbauer im festen Vertrauen darauf, dass die restlichen 40 Prozent schon kein Schweinsbraten werden, und auch ÖDP-Chef Karl Dengler sagt: „Ich hätt’s bei 60 belassen.“ Der OB wirkt hin- und hergerissen.

Inhaltlich ist er eher bei Spielbauer, Dengler und dem Vertrauen darauf, dass ein Fischstandbetreiber möglicherweise tatsächlich mehr am Verkauf von Fischen interessiert ist als an Schweinsbraten oder Würsten, und dass man deshalb dem Fischhändler einfach machen lassen sollte. Aber seine CSU und die SPD wollten halt 80, weil sie offenbar der Meinung sind: Was man vorschreiben kann, sollte man vorschreiben, und wichtiger als Bürokratieabbau ist noch ein bisserl mehr vertragliche Festlegungen. Also sagt der OB leicht genervt: „Ich mach die 80 auch mit.“

Die Frage war also: 60 Prozent wie beim Koskenkorva Wodka aus Finnland, nur halt in Fisch statt in Alkohol, oder 80 wie beim Stroh-Rum aus Österreich, mit dem man sogar die Holzkohle vom Steckerlfischgrills anzünden kann: Wer macht was mit? Und dann löst Feride Niedermeier den verflixten Zwiespalt mit einem trockenen Satz auf: „Ja, dann stell i an Antrag auf 70 Prozent, weil dann hat koana Recht.“ Heiterkeit im Saale, die 80 Prozent sind als übertriebene staatliche Fürsorge demaskiert.

Unglaublich, was möglich ist

Dann meldet sich noch Peter Mittermeier, Hobbyfischer seit Jahrzehnten, und schwärmt von Deggendorf. Sie haben eine Hütte in Deggendorf, schwärmt Mittermeier, und da wird Fisch verkauft. „Ich hab mich da hingesessen und hab zugeschaut“, berichtet der fischaffine Deggendorf-Freund, „Wahnsinn, wie’s da zugegangen ist.“

Ich hab mich nach der Sitzung erkundigt: Nicht einmal stinken soll dieser Stand. Unglaublich, was außerhalb Straubings alles möglich ist, aber vielleicht bald auch hier. Man hat noch ein bisserl Zeit damit verbracht, ob Grün, Rot oder Blau als Standfarbe besser wäre, die Gegner vom Fischstand verweisen zwischendrin und empört immer wieder auf das hässliche Hagen-WC, auf das sie 30 Jahre nicht verwiesen haben, und dann wird abgestimmt.

Nur der Grüne Wolfgang Steinbach, der AfD-Mann Konrad Denk und FW-Chef Adolf Herpich sind gegen den Fischstand, und in der Prozentfrage werden es nicht die von CSU und SPD favorisierten 80 Prozent. Sondern 60. Wollen wir’s ausschreiben? Ja? Machen wir uns den Spaß: Sechzig! Mit Ausrufezeichen!

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