Wer entscheidet?
Linken-Stadtrat Johannes Spielbauer
Und schon haben wir einen neuen Aufreger: Beim Fest der Demokratie hat Die Linke ein Büchsenwerfen gemacht, und man hat Trump, Vance, Putin und Weidel, Gauland und andere bekannte AfD-Leute abballern dürfen. Keine ganz neue Idee, Jusos und Grüne Jugend haben auch schon abballern lassen. CSU-Stadtrat Andreas Fuchs und SPD-Rätin Gertrud Gruber haben das scharf kritisiert. Da stellt sich die Frage: Wen darf man abwerfen? Und wen nicht? Fragen wir nach bei Johannes Spielbauer, Stadtrat der Linken:
Herr Spielbauer, was würden Sie sagen, wenn demnächst die AfD Sie auf dem Stadtplatz öffentlich zum Abwurf freigibt?
Johannes Spielbauer: Mir wäre das tatsächlich egal, was die AfD mit uns macht. Man kann das auch nicht direkt vergleichen. Es hat bei den Aktionen von Jusos und Grüner Jugend auch Fotos von CSU-Ministern und Friedrich Merz gegeben. Da haben wir uns bewusst dagegen entschieden.
Warum?
Spielbauer: Wir haben uns bewusst entschieden, dass wir nur Feinde der Demokratie draufnehmen. Wir wissen alle, dass Trump nicht der größte Demokratiefan ist und Musk sie nicht unterstützt, Vance genausowenig, Putin ist auch klar, und die AfD ist als gesichert rechtsextrem festgestellt worden. Wir wollten die Feinde der Demokratie bildlich darstellen, und das haben wir mit einem Dosenwerfen kombiniert. Eine spielerische Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie.
Wer entscheidet eigentlich, wer zum Abwurf freigegeben wird? Die Jusos zum Beispiel haben auch schon den Manfred Weber zum Abballern freigegeben. Sieht man da nicht, wie unscharf das alles ist?
Spielbauer: Die haben halt im Wahlkampf politische Gegner genommen und auf politische Gegner geworfen. Wir haben auf Feinde der Demokratie abgestellt.
Und da darf man das dann? Wenn Sie das mit mir spielerisch machen würden, würde ich sagen: Das verletzt meine Würde. Und die menschliche Würde ist doch unteilbar und gilt für jedermann.
Spielbauer: Das auf alle Fälle. Man soll jetzt keinen Menschen mit Füßen treten oder dergleichen -
Man soll auch nicht auf Menschen werfen.
Spielbauer: Mit Dosen ist das ein bisserl was anderes.
Aber wenn die AfD sagt: Wir wollen die Regierung jagen, dann ist das ein Skandal?
Spielbauer: Diese Büchsenwürfe sind spielerisch, mit Satire, es gibt im Volksfest sogar Teufelchen abwerfen.
Machen Sie das im Volksfest spielerisch mit einem menschlichen Kopf, dann ist das auch auf dem Volksfest ein Skandal. Drum muss man ja ein Teufelchen nehmen.
Spielbauer: In Amerika gibt’s das sogar in der Form, dass Abgeworfene dann ins Wasser plumpsen.
Das ist bei Ihnen zum Glück ja noch nicht so. Bei Ihnen hat man dafür das Gefühl, dass Überzeugte den Überzeugten predigen. Oder glauben Sie, dass solche Aktionen Menschen der politischen Mitte, außerhalb des linken Spektrums, erreichen?
Spielbauer: Insofern, als wir die Leute zeigen, die gegen Demokratie sind.
Mit Aktionen, die letztlich nur populistisch an Emotionen appellieren, die in Richtung Hass gehen, mit diesem Abballern?
Spielbauer: Ich würde nicht sagen, dass das in Richtung Hass geht.
Ich würde das schon sagen.
Spielbauer: Ich würde das nicht sagen.
Sie nicht, natürlich, Sie sind ja mitten im linken Spektrum. Aber meine Frage ist ja: Glauben Sie nicht, dass Menschen außerhalb Ihres politischen Spektrums so reagieren wie ich?
Spielbauer: Wir haben zumindest von allen Leuten, die bei uns waren, positive Rückmeldungen gekriegt. Und ich wunder mich sehr über die Frau Gruber, weil Sie hätte uns ja einfach auch ansprechen und sagen können, das ist schlecht. Aber die SPD-Mitglieder, die wir gesprochen haben, haben gesagt: das ist super, finden wir gut.
Würden Sie das mit Georgia Meloni auch machen, der italienischen Ministerpräsidentin?
Spielbauer: Das wäre auch eine Möglichkeit. Das ist eine Postfaschistin, da kann man auch sagen, dass das eine problematische Person ist, die die Demokratie gefährdet.
Und Sie würden nicht sagen, dass solche Aktionen nur in der eigenen Blase etwas bewirken?
Spielbauer: Es haben ja nicht alle anderen Leute gesagt, was soll das. Es gibt immer auch kritische Stimmen, und das muss man auch respektieren. Und man kann das natürlich auch so machen, dass man auch Leute aus den demokratischen Parteien nimmt, in Straubing mich oder die Vorsitzenden der anderen Fraktionen, und ein lustiges Spiel draus macht.
Ja, aber das haben Sie nicht gemacht. Sie geben nur Feinde zum Abballern frei.
Spielbauer: Das sind ja auch Personen, die offensichtlich Feinde sind. Da muss man auch nicht diskutieren.
Aber die eigentliche Frage ist doch: Wie geht man gegen diese Feinde vor? Und da könnte man doch auf die Idee kommen, dass man sie argumentativ stellt statt mit solchen emotional aufgeladenen Dingen, wo dann sogar nach einer Juso-Abwurf-Aktion zu Friedrich Merz im Internet steht: „Wo ist das Problem? Natürlich darf man das mit der Hackfresse machen.“ Ist das nicht spaltend?
Spielbauer: Wir haben Friedrich Merz nicht genommen, sondern Feinde der Demokratie. Wir wollten spielerisch den Leuten vor Augen führen, dass das alles Antidemokraten sind.
Weil Sie davon ausgehen, dass das bisher noch keiner gewusst hat?
Spielbauer: Das nicht unbedingt, aber wir wollten das vor Augen führen. Wir haben das Festival der Demokratie gemacht, um das auszudrücken und nach außen zu tragen. Auch wenn das offensichtlich ist.
Johannes Spielbauer, Danke für das Gespräch.