Überraschungen: Die CSU-Liste

Gruppenbild mit Brezenherzen: Die CSU-Liste Foto: Engel

Am Mittwochabend hat die CSU ihre Liste offiziell gewählt, und hey, da waren doch ein paar Überraschungen dabei! Starten wir gleich mit der größten: Wen finden wir auf Platz 40? Es ist Michaela Stöberl, „die Michi“, wie halb Straubing nur sagt, die Wirtin der Goaß! „Er ist schuld“, sagt die Michi vor Versammlungsbeginn und meint den OB, „weil er mich schon drei Mal gefragt hat. Und jetzt hab ich nicht mehr abgelehnt.“ Die Michi: Das ist ein Coup!

Platz 40 ist ein auffälliger Platz und bei der CSU durchaus chancenreich. Vor sechs Jahren hat Max Naber von Platz 40 den Einzug geschafft, zwölf Jahre vorher Holger Frischhut. Wenn jemand das Zeug hat, das auch zu schaffen, dann ist es Michaela Stöberl, die ganz ohne Zweifel Straubings bekannteste Wirtin ist, und nicht nur das: Sie ist gewiss auch eine der selbständigsten Frauen in Straubing, unangepasst, eigener Kopf. Das könnte spannend werden. Und was ist die zweitgrößte Überraschung? Ich glaube: Es ist das Durchschnittsalter.

Die CSU-Liste liegt schon zu Beginn des Abends als Flyer aus, am Ende dieses Textes finden Sie den Flyer mit allen Platzierungen, die 76 Stimmberechtigte genau so abgesegnet haben. Es ist ganz klar die zweitjüngste Liste bisher. Nicht so jung wie Die Linke, aber klar jünger als SPD oder Grüne. Acht JU-Leute kandidieren, dazu etliche zwischen 35 und 40, einige zwischen 40 und 50, jedes Altersjahrzehnt zwischen 20 und 70 ist abgedeckt. Möglich ist das, weil einige langgediente CSU-Recken und -Reckinnen (kann man Reckinnen sagen? Aber geh, freilich, man kann!) aufhören.

Wer zurücktritt

Dass die langjährigen Räte Peter Mittermeier, Hans Ritt und auch Hubert Reisinger nicht mehr kandidieren, ist nicht wirklich eine Überraschung. Dass auch die einflussreiche Hannelore Christ sich zurückzieht, schon eher. Es dürfte ihr allerdings vergleichsweise leicht gefallen sein: Auf Platz 13 kandidiert ihre Tochter, Dr. Eva-Maria Christ-Kiefl, und dieser Platz ist durchaus aussichtsreich.

Dass auch der vergleichsweise junge Max Naber nach nur einer Periode aufhört, war im Grunde bekannt; er geht auf den Nachrückerplatz 41. Ähnlich macht es Stadträtin und Senioren-Unions-Chefin Renate Lermer, die sich bewusst auf den vermutlich chancenlosen Platz 36 zurückzieht. Und auch Martin Wackerbauer, seit 30 Jahren im Stadtrat, überlässt den deutlich aussichtsreicheren Platz 16 seiner Tochter Elisabeth und kandidiert auf 23.

Und wo steht der Mann, der im Unfrieden von der SPD geschieden und zur CSU gewechselt ist? Wo steht Nail Demir? Platz 18, ein Platz mit Chancen, aber nicht unbedingt sicher, weil zum Beispiel von Platz 40 her die Michi Stöberl anstürmen könnte. Und nicht nur sie:

Rechtsanwältin Anette Freitag, Gastronominnen Ulrike Fuchs (Platz 6) und Goaß-Wirtin Michi Stöberl. Foto: Engel

Interessant ist ja auch Platz 21: Da steht Anette Freitag, Rechtsanwältin, Spezialgebiet Verwaltungsrecht. Juristen sind im Grunde nahezu unverzichtbar für jede Fraktion. Dass derzeit keine Fraktion einen Juristen hat, ist eine echte Schwäche des derzeitigen Stadtrats, Anette Freitag wäre außer Johannes Spielbauer (Linke) die erste Juristin seit Jahren im Rat, darüber hinaus gilt sie als sehr gut vernetzt. Damit dürfte sie tatsächlich die Chance haben, jemanden aus den Top 20 zu verdrängen. Und damit zu einer weiteren Überraschung: Es wurde kein einziges Mal, von keinem einzigen Kandidaten, die Phrase „Soziale Gerechtigkeit“ gedroschen. Hey, das war so wunderbar und hat darüber hinweggetröstet, dass jeder Kandidat von Moderatoren erst vorgestellt worden ist und dann aufgefordert worden ist, sich vorzustellen. Das war schon sehr doppelt gemoppelt, aber wurscht:

It’s the economy, stupid!“

„Soziale Gerechtigkeit“, sagt ja auf der SPD-Liste jeder Zweite, „Soziale Gerechtigkeit“ bei den Grünen, „Soziale Gerechtigkeit“ fordert fast jeder bei der Linken, Soziale Gerechtigkeit bis zum Abwinken und man erschöpft an Bill Clintons „It’s the economy, stupid!“ denkt. Denn immer ist Geld ausgeben gemeint in Form von mehr Geld für Bildung, Kitas, Schulen und Kultur. Wo das Geld dafür herkommen soll, war bisher bei keiner Partei Thema. Als bisher einzige Partei sagt die CSU etwas zur Wirtschaft.

Es kandidieren etliche mittelständische Unternehmer wie Metallbauer Christian Dummer auf 20 und Unternehmensberater Michael Miebach auf 35, und sie reden vom Mittelstand und von den Problemen, die die Innenstadt hat. „Die Herausforderung Nummer Eins ist“, formuliert Markus Pannermayr an diesem Abend, „wie wir es schaffen, unsere Unternehmen und die Wirtschaft in dieser Zeit leistungsfähig zu halten.“ Damit positioniert sich die CSU als ein klares Gegengewicht zur politischen Konkurrenz. Das hat man von den anderen Parteien bisher noch gar nicht gehört.

Und weil Sie vielleicht sogar noch wissen wollen, wer auf den ersten fünf Plätzen steht: Nummer 1, komplett nicht überraschend, ist OB Markus Pannermayr. Nummer 2 ist Bürgermeister Albert Solleder und Nummer 3 Katharina Dilger. Platz 4 hat Fraktionschef Holger Frischhut, Platz 5 Franz Schreyer. Und jetzt überlegen wir gemeinsam ein bisschen: Was passiert, wenn jemand aus dem Trio der Plätze 2 bis 4 unter den Erwartungen bleibt?

Und direkt hinter Pannermayr:

Es ist nämlich so, dass diese Versammlung sehr, sehr harmonisch war. Es ist aber auch so, dass die CSU die Partei ist, die die einflussreichsten Positionen in der Straubinger Politik zu vergeben hat, nämlich – je nach Wahlausgang – bis zu zwei Bürgermeister-Ämter und den wichtigen Posten als Fraktionschef der Regierungspartei. Katharina Dilger gilt als aufgehender Stern in der Straubinger CSU, und aufgehende Sterne haben meist Ambitionen; außerdem es geht ja auch schon um die Ausgangslage für die Zeit nach Markus Pannermayr, und derjenige aus dem Trio, der stimmenmäßig enttäuscht, könnte da ein Problem haben.

Nicht zuletzt aus solchen Gründen soll es im Vorfeld der Liste durchaus Gerangel um die bestmögliche Ausgangslage gegeben haben, was offiziell aber dementiert wird. Wir wollen das auch gar nicht vertiefen, und vielleicht ist es wirklich auch einfach nur so, wie ein erfahrenes CSU-Mitglied vor dem Start in den Abend sagte: „Wurscht, wen du wo platzierst, Ärger gibt’s immer.“

Zum Schluss noch der witzigste Satz dieses Abends, er kommt von dem jungen Mann auf Platz 31: „I bin der Max Sommer, und i hab etz in Straubing – i glaub, in der Runde bassts besser – as Wiener Cafe übernomma.“ Riesiger Lacher für ihn, und das zeigt uns: Auch, wenn die Liste vergleichsweise jung ist, die knapp 80 Wahlberechtigten waren es nicht. Und noch ein Volltreffer vom Sommer Max: „De Oanzign, de momentan was bewegen am Ludwigsplatz, san i und de Busfahrer.“

Gewählt mit 96 Prozent Zustimmung: Die CSU-Liste. Foto: Engel

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