Die neue Zahl: 61,6 Millionen
Noch 16 Monate, dann soll es fertig sein.
Manchmal gibt es Überraschungen, bei denen alle so tun, als ob es eine Überraschung wäre, aber in Wirklichkeit ist es gar keine. Mittwochabend im Bauausschuss: Prof. Andreas Hild und sein Team stellen die neue Zahl vor. Es ist die neueste Zahl, was der Rathaus-Wiederaufbau kosten wird: Erstmals wird offiziell die 60-Millionen-Grenze überschritten. 61,6 Millionen Euro werden es sein. Die kommende Stadtratssitzung dürfte spannend werden.
Gut, 61,6 Millionen sind leicht übertrieben. Es sind nur 61 Millionen und 588 646,30 Euro, Stand Juni 2025 selbstverständlich, und Fertigstellung wird erst im November 2026 sein. Das klingt zwar recht viel im Vergleich mit den 46 488 979 Millionen, die am 19. November 2019 gültig waren, und es sind auch 3,1 Millionen Euro mehr als die 58,5 Millionen, von denen bisher die Rede war. Überall im Sitzungssaal deshalb betretene Mienen. Aber seien wir ehrlich: Wer hat denn jemals ernsthaft geglaubt, dass die 60 Millionen nicht überschritten werden würden? Bei zehn Jahren Bauzeit? Ich kenne niemanden außerhalb der Politik, der an weniger als 60 Millionen geglaubt hätte.
Für den OB ist es sichtlich kein Vergnügen, diese Zahl zu kommentieren. Sie hat ja Konsequenzen „Klar ist, dass es ohne zusätzliche Finanzierungsmittel nicht geht“, muss Markus Pannermayr eingestehen. Er kennt die Zahl natürlich schon etwas länger, und er hat die Zeit gebraucht, um eine Lösung für dieses Finanzloch zu finden. Denn die neue Zahl kostet die Stadt zusätzliche 3,1 Millionen. „Eine Million kann aus Einsparungen im Hochbau-Budget kommen“, sagt Pannermayr, „600 000 aus Restmittel im Haushalt 2024, und 1,5 Millionen können wir aus liquiden Mitteln decken.“ Zumindest scheint ein Weg ohne neue Schulden möglich.
Pannermayr: „Das führt zu Fragen“
Insgesamt steigt der städtische Anteil an den Gesamtkosten auf knapp 15 Millionen Euro, in einer Zeit, in der den Kommunen ihre Haushalte nur so um die Ohren fliegen. Weil die 61,6 Millionen aber nun einmal raue Wirklichkeit sind, geht es jetzt darum, ein bisserl Optimismus und Machbarkeit zu verbreiten.
In der kommenden Stadtratssitzung will der OB Zahlen präsentieren, die zeigen, dass das Haushaltsjahr 2024 „besser, deutlich besser, gelaufen ist als erwartet“, sagt der OB, „Stand heute habe ich die Hoffnung, dass wir auch 2026/27 einen genehmigungsfähigen Haushalt bekommen.“
Nur die im Vorhinein schwer kalkulierbare Gewerbesteuer ist ein Risiko, auch das sagt der OB. Und er sagt noch einen Satz zu den 61,6 Millionen: „Das ist unvorstellbar viel Geld, ich weiß. Und das führt zu Fragen.“ Die werden vermutlich in der Stadtratssitzung kommen, und sie werden sich wohl um diese Punkte drehen: Wie überraschend ist diese Zahl wirklich? Und wird es die letzte sein? Oder wird die Schlussrechnung noch einmal um ein paar Millionen höher sein?
Das teure Dischinger-Haus
Prof. Andreas Hild und sein Team werden auf diese Fragen gut vorbereitet sein. Bereits im Bauausschuss wurde klar, wie sie diese Kostenmehrung begründen. Eine große Rolle dabei spielt das so genannte Dischinger-Haus in der Simon Höller-Straße, Max Naber hatte vor dem Brand sein Geschäft in diesem Haus. Es galt als das am wenigsten beschädigte, erklärt Hilds Team, diese Einschätzung sei aber komplett falsch gewesen: „60 Prozent des Mauerwerks musste in Handarbeit ausgetauscht werden, die Decke war in einem absurd katastrophalen Zustand.“ Dass sie nicht runtergekommen ist, sei fast ein Wunder gewesen. „Letztlich“, erklärt das Hild-Team zum Dischinger-Haus, „war das eine Ruine.“
Das Dischinger-Haus: Nur die Gauben sind schon sichtbar.
Die Grünen-Fraktionschefin Feride Niedermeier und Martin Wackerbauer, CSU, unternahmen Versuche, diese dennoch sehr hoch erscheinende Kostenmehrung zu hinterfragen. Aber auch im Gebäudeteil 4 an der Seminargasse sind verfaulte Dachstuhlbalken entdeckt worden, dann waren da auch „unerwartete Kollisionen von neuen Bauteilen mit Notsicherungen“, und noch Einiges mehr. Bei solch unerwarteten Schwierigkeiten werden immer viele Regiestunden fällig, da steigen immer die Kosten, da wird immer alles teurer. Und was dazu kommt, ist das System bei der öffentlichen Hand: Städte müssen europaweit ausschreiben, sie können auch nicht mit einem Anbieter verhandeln wie ein privater Bauherr. Auch das sind Kostentreiber.
Dass die 48-Millionen-Kostenschätzung von 2019 zu einem Brand von 2016 aber niemals stimmen kann, wenn mit dem Wiederaufbau erst 2021 begonnen wird, war vermutlich jedem klar. Dass die 60 Millionen überschritten werden, das war für so ziemlich jeden ebenfalls sicher. Wie die Endabrechnung im November 2026 aussehen wird, werden wir auch noch abwarten können.