Nigelnagelneues Rathaus
Noch 16 Monate: Rathaus-Wiederaufbau. Foto: Engel
Vor zwei Wochen im Bauausschuss wurde erstmals offiziell ausgesprochen, dass das Rathaus am Ende mehr als 60 Millionen Euro kosten wird: Knapp 61,6 Millionen werden es voraussichtlich sein, knapp 15 Millionen davon wird die Stadt tragen müssen. Da waren die Mienen im Bauausschuss irgendwo zwischen ernüchtert und ziemlich bedröppelt. Die Frage war deshalb: Wie wird der gesamte Stadtrat die unfrohe Botschaft diskutieren? Am Montagabend war es so weit, und es war überraschend harmonisch. Hinterfragt wurde nur von der ÖDP.
Erst kommt noch einmal der Vortrag des Teams um Architekt Andres Hild, dann eröffnet der Chef der größten Fraktion die Diskussion. „Die Ursachen sind plausibel“, sagt Holger Frischhut, CSU, zur Kostenmehrung. Denkmalschutz, unerwartete Schäden unabhängig vom Brand, damit mehr Material und mehr Arbeitszeit, die Komplexität des Baus insgesamt: „Wir sehen die Kosten mit Sorge, aber auch mit Realismus.“
SPD-Fraktionschef Peter Euler: „Keiner von uns ist erfreut. Aber wir bekommen ein nigelnagelneues Rathaus, vollkommen behindertengerecht, für 14,7 Millionen. Das hätten wir auf der Grünen Wiese nicht geschafft.“ FW-Chef Adolf Herpich verweist zwar auf Notre Dame in Paris, das ein paar Monate nach dem Rathaus abgebrannt und schon wieder hergestellt ist, erklärt aber Zustimmung. Auch für Grünen-Chefin Feride Niedermeier ist klar: „Wir werden zustimmen. Wir brauchen das Rathaus.“
Die ÖDP macht ebenfalls klar, dass sie dem neuen Finanzrahmen zustimmt. Die einzige echte Nachfrage aber kommt von ihr. Hans-Jürgen Hahn, ÖDP und selbst Architekt macht klar, dass Manches in der Kostenentwicklung erklärungsbedürftig ist über das bisher erklärte Maß hinaus.
„Vorher machen, nicht hinterher“
Das Team Hild hatte als einen Hauptgrund für die Kostensteigerung angeführt, dass im Bauteil 3, dem Dischinger-Haus in der Simon Höller-Straße, erst spät unvorhersehbare Probleme entdeckt worden waren. Das Haus sei in viel schlechterem Zustand gewesen als zu erwarten war. „Bei einem Gebäude dieses Alters“, fragt Hahn nach, „da muss man doch damit rechnen, und auch damit, dass Balkenköpfe in schlechtem Zustand sind.“
Auch, dass dem Stadtrat jetzt nachträglich Kosten von Bauarbeiten zur Genehmigung vorgelegt werden, findet Hahn seltsam: „Diese Bauarbeiten muss man doch vorher freigeben und nicht nachträglich.“
Nicht-Architekten tun sich schwer in der Beurteilung dieser Fragen. OB Markus Pannermayr macht in der Sitzung das Beste daraus: „Mit solchen Diskussionen müssen wir umgehen. Kritische Nachfragen gehören dazu.“ Pannermayr selbst zielt in eine andere Richtung, die zuvor schon Peter Euler angedeutet hat: So günstig wie durch diesen Brand hätte Straubing wohl kaum ein neues Rathaus bekommen.
„Wir hoffen, die Schlussrechnung bleibt überraschungsfrei“
Pannermayr rechnet vor, dass es statt 15 Millionen eigentlich nur zwölf sind, die die Stadt als Eigenanteil bringen muss. Denn die 15 Millionen Eigenanteil bestehen zwar aus den Baukosten plus 840 000 Euro Mietkosten für ausgelagerte Büros; aber in zehn Jahren Baustelle, erklärt der OB, spart die Stadt auch drei Millionen Euro an Unterhaltskosten, und damit liegen die faktischen Kosten bei nur noch zwölf Millionen Euro.
Als „größten Nutzen“ nennt der OB die „vollständige Barrierefreiheit“, und dazu dann noch etwas, und das hat auch mit dem Zustand des Dischinger-Hauses zu tun: „Ich glaube, dass auf die Stadt eine große Frage zugekommen wäre in Bezug auf Statik und Rettungswege.“ Das wäre dann weitgehend ohne Fördermittel und ohne 31 Millionen von der Versicherung zu stemmen gewesen.
Und dann noch ein emotionales, aber auch stimmiges Argument: „Ich bin der Auffassung“, erklärt der OB, „dass der Rat einer Stadt seinen Sitz im Rathaus hat. Es ist zuerst nicht der Sitz der Verwaltung, sondern der Sitz des Rats.“ Eine Argumentation, die quer durch das Plenum auf Zustimmung stößt.
Dann meldet sich ÖDP-Fraktionschef Karl Dengler noch einmal zu Wort, er hat das Gefühl, seinen Fraktionskollegen Hahn verteidigen zu müssen. Müsste er a nicht, denn Hahn hat nur das gemacht, wofür er im Stadtrat sitzt, nämlich Fragen stellen. „Vieles ist richtig“, sagt Dengler zu Pannermayrs Argumenten, „aber Einiges hätte doch vorher geprüft werden müssen. Wir hoffen sehr, dass die Schlussrechnung nicht noch Überraschungen bringt.“