Gente di Fiume
Aber am Abend … Foto: Engel
Dieser Sommer ist ein Festsommer, es ist der festreichste Sommer seit Erfindung der Sommerfeste. Noch nie, will mir scheinen, waren im Straubinger Land so viele Feste wie grad in diesem. Ein Grund dafür sind natürlich die vielen Feuerwehr-Gründungsfeste, 150 Jahre FFW in Ascha, Gossersdorf, Kagers, dazu Fischerfeste von Alburg bis Lerchenhaid, Goidhaiberlfest, Gallner-Bergfest: Straubing und das Straubinger Land voll im Feierrausch. Und das vielleicht schönste Fest? Ich sag das wahnsinnig ungern. Aber ich sag es: Das ist in Deggendorf.
Seit Jahren höre ich von vielen Leuten: „Kennst du das Donaufest? Warst du scho am Donaufest? Des is a Superfest! Des is a ganz schönes Fest! Des is so harmonisch, des is einfach wunderbar!“ So etwas nervt. Niemand will hören, wie wunderbar Deggendorf ist. Mich hat das so genervt, dass ich am vergangenen Samstag beschlossen habe: Da fahr ich hin. Und mit einem befreundeten Paar bin ich tags darauf hin.
Was soll ich sagen? Das Donaufest Deggendorf ist wirklich wunderbar. Um 11.00 Uhr sind wir in Straubing los, um 11.45 Uhr waren wir vor der Bogenbach-Bühne, und auf der Bogenbach-Bühne waren der Artmeier Max und der Zitzelsberger Toni aus Straubing, bekannt als das Duo Zu Zwoat, und haben Oldies gespielt, Beatles, Simon & Garfunkel, Fendrich, Danzer, diese Richtung. Kein Bass, der dich zudröhnt, kein übertriebenes Schlagzeug, einfach nur angenehm. Wir haben uns hingesetzt, haben ein Bier getrunken und einfach nur zugehört, und manchmal haben wir uns ein bisserl unterhalten, und niemand hat „Was hast gsagt?“ fragen und die Hand ans Ohr halten müssen, weil die Musik nicht jedes Gespräch sabotiert hat. Es war so ungewohnt.
Sogar das Bier war wunderbar kühl
Irgendwann sind wir weiter. Wir haben den Donaustrand bewundert, den es dort gibt und der ein richtiger Strand ist, wir haben kurz bei der Kegelbahn zugeschaut, die es auf diesem Fest gibt, wir haben die Atmosphäre genossen. „Ein wirklich entspanntes Fest“, haben wir gesagt, und einer von uns dreien – ich schwöre, es war nicht ich! – hat im Biergarten vor einer Bühne gesagt: „De reng mi auf, de Deggendorfer! Sogar des Bier is wunderbar kühl bei dene am Fest.“ Dann haben wir dieses wirklich sehr gut gekühlte Bier ausgetrunken und sind weiter zur nächsten Bühne.
Sie haben ein unglaublich abwechslungsreiches Bühnenprogramm auf diesem Fest. Da sind nicht nur Showbands, da ist nicht nur Rock, Punk und lautes Gewummere. Das gibt es dort auch, aber eben nicht nur. Sie haben auch Bands wie Conny und die Sonntagsfahrer, einen Shanty-Chor, Jazz, Solomusiker, ein wirklich vielseitiges, durchdachtes Programm für verschiedene Zielgruppen, und die Musik von den verschiedenen Bühnen überschneidet sich nicht, das ist angenehm. Die Bühne, zu der wir als nächstes sind, war am Tanzboden.
Sie haben sogar einen Tanzboden auf diesem Fest; es ist ein Fest, auf dem man tanzen kann: Für uns Straubinger eine völlig ungewohnte Erfahrung. In Deggendorf ist das seit Jahren normal. An den Abenden soll dieser Tanzboden sehr gut frequentiert sein, hat man mir erzählt, ein richtiges Highlight. Ich weiß nicht genau, wie die das schaffen in Deggendorf, weil es ja unglaublich schwer ist, einen Tanzboden mit einer Tanzband zu organisieren. Aber in Deggendorf schaffen die das, irgendwie.
Die einzige Schwachstelle
An diesem Sonntagfrühnachmittag hat leider niemand getanzt, Tanz ist halt einfach mehr eine Laue-Sommernacht-Sache und weniger etwas für die Mittagshitze oder kühle Frühjahrsabende. Aber der Biergarten war auch am Mittag voll, und ein junger Mann mit Ziehharmonika hat bayerische und volkstümliche Lieder gespielt, und wieder ganz ohne einen überlaut wummernden Bass. Wir sind einfach nur dagesessen, neben uns ein Ehepaar aus Stephansposching, und haben uns gut mit dem Paar unterhalten, und zwar auch darüber, wie gut dieses Donaufest tut.
„Des is ned so überlaut“, hat der Mann gesagt, die Frau hat ihm zugestimmt und wir auch. Der Giggerl war saftig an jeder Stelle, 13.50 Euro inclusive Kartoffelsalat und Semmel, also keinesfalls überteuert. Sie müssen mir glauben, wir haben wirklich versucht, eine Schwachstelle in diesem Fest zu finden, aber das ist wirklich schwer. Unser schlimmster Fund war nur dies: Glaserlsülze statt Glaserlsulz auf einer Speisenkarte. Wirklich, Schlimmeres war nicht zu finden. Und glauben Sie mir, wir haben wirklich gesucht.
140 000 Besucher waren in diesem Jahr an den vier Tagen da, 20 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Die Stephansposchinger kommen seit Jahren schon her, und auf ein Fest, dessen einziger Fehler Sülze statt Sulz ist, werde ich auch wieder gehen. Weil dieses Fest einfach eine harmonische Ausstrahlung hat, und vielleicht liegt das daran, dass dieses Deggendorf an einem Fluss liegt: Gente di Fiume vielleicht, Menschen am Fluss.