Wumms! Der Baumarkt-Crash

Parken? Jederzeit möglich. Foto: Engel

Wumms! Krach! Und Päng! Ein Baumarkt fliegt ihnen jetzt um die Ohren. Ihnen: Das sind in diesem Fall der OB, die Stadtplanung und die Fraktionen von CSU, SPD und Freien Wählern. Und welcher Baumarkt ist es, der fliegt? Es ist der BayWa Bau- und Gartenmarkt draußen im Westpark. Ich will die Dinge nicht höher hängen als sie hängen müssen; aber diese Geschichte ist kein Ruhmesblatt für den OB, nicht für die Stadtplanung, und auch nicht für die genannten Fraktionen. Diese Geschichte ist die Geschichte eines politischen Debakels, und zwar mit Ansage.

Der BayWa Baumarkt im Westpark wird aufgegeben. Zum Jahresende wird er Geschichte sein. Das hat der OB am Mittwochnachmittag im Bauausschuss bekannt gegeben und dazu noch, dass die Stoffelgruppe glücklicherweise schon einen Ersatz im Blick hat: einen Supermarkt. Wer’s noch nicht gewusst hat, ist fast vom Stuhl gekippt, zum Beispiel ich. Ich will Ihnen sagen, warum.

Sieben Jahre wird dieser Baumarkt dann da gewesen sein. Und warum war er da? Weil die Competo, eine Tochter der Stoffel-Gruppe, den damaligen Feiertagsacker an der Geiselhöringer Straße gekauft hat. Das Feld war damals ausgewiesen als Wohngebiet. Aber Stoffel wollte nicht Wohnungen bauen. Er wollte Gewerbe, einen Fachmarkt mit einem Ankermieter. Ob Elektromarkt oder Baumarkt wäre komplett wurscht gewesen, Hauptsache Fachmarkt, da war die Renditechance besser. Das war vor gut 15 Jahren.

Das populistische In-den-Osten-Argument

Fakt ist, dass die Stadt daraufhin den Bebauungsplan ändert. Statt Wohnbebauung wird nun ein Fachmarkt möglich. Wohnraum ist zwar damals schon knapp in der Stadt, aber gebaut wird der Westpark. Ankermieter wird kein Elektromarkt, weil kein Elektromarkt kommen will, und auch kein Supermarkt, sondern ein Baumarkt. Es ist eine Kette mit Sitz in Dortmund, die den Namen BayWa gekauft hat. Im Vergleich mit Hornbach, Toom oder OBI ein Baumarkt eher aus der zweiten Reihe, etwas zu teuer, etwas zu beschränkt im Sortiment, etwas zu überflüssig im Grunde.

„Ein städtebaulicher Selbstmordversuch“, hat ein Architekt im Jahr 2015 die Idee genannt, einen Gewerbepark statt Wohnen an dieser Stelle zu bauen. Aber CSU, SPD, Freie Wähler, der OB und die Stadtplanung waren der Meinung, Straubing-West brauche einen Baumarkt; man müsse ja sonst, war das Argument, „wegen jeder Schraube“ in den Osten fahren. Es war ein populistisches Argument: klingt gut, soll aber nur einwickeln.

Der Grüne Erhard Grundl hat den In-den-Osten-fahren-Müssern im Stadtrat einmal einen Haufen Schrauben mitgebracht. „Beim Schierer gekauft“, hat Grundl gesagt, „der ist 500 Meter von der Geiselhöringer Straße entfernt.“ Er hätte auch beim Primbs kaufen können, der auch nicht im Osten ist. Das „In den Osten fahren müssen“-Argument war immer ein Schmarrn. Sein Zweck war immer nur, einen überflüssigen Baumarkt als gute Idee erscheinen zu lassen, damit niemand fragt, wer eigentlich wirklich Interesse an einem Baumarkt statt Wohnbebauung hier hat.

Binners Wahrheit

Dass Straubing Wohnungen nötiger hat als einen Baumarkt, war schon damals klar, und es ist heute noch klar. Mit am lautesten beklagt die Wohnungsnot übrigens die Straubinger SPD, der damals aber ein zweitklassiger Baumarkt noch lieber war. Am Mittwoch waren sie alle im Bauausschuss und haben alle miteinander „schade“ gefunden, dass dieser Baumarkt jetzt schon wieder verschwindet. „Schade“, hat der OB gesagt, „schade“, hat Peter Euler (SPD) gesagt, „schade“, hat Michele Gianfrancesco (FW) gesagt, „großer Verlust“, hat der damalige Stadtplaner Oliver Vetter-Gindele gesagt.

Nur Ernst Binner, CSU und damals noch nicht im Stadtrat, hat etwas Wahres gesagt: „Er war preislich zu hoch und nicht gut aufgestellt. Drum ist er nicht angenommen worden.“ Und: „Wir haben ja noch einen Baumarkt dort: den Schierer.“ Ist es nicht interessant, dass der, der damals noch nicht dabei war, der Einzige in den damaligen Abnick-Fraktionen ist, der die Dinge richtig benennt?

Die anderen bei CSU, SPD und Freien Wählern dagegen sind einmütig froh, dass die Stoffelgruppe offenbar schon einen neuen Ankermieter im Blick hat, und zwar einen Supermarkt. „Respekt vor der Stoffelgruppe“, hat Peter Euler am Mittwoch gesagt, „so schnell!“

Supermärkte wie Sand am Meer

Kann man zu dieser Schnelligkeit eigentlich gratulieren? Eher nicht. Vor Jahren, als noch nicht klar war, ob es ein Baumarkt wird, ein Elektromarkt oder ein Supermarkt, hat nämlich ein von der Stoffel-Tochter Competo „auf Wunsch der Stadt“ in Auftrag gegebenes Gutachten untersucht, wie ein Supermarkt-Vollsortimenter im Westpark sich auf den 1 000 Meter östlich gelegenen Rewe-Markt auswirken würde. Ergebnis: Rewe würde gefährdet.

Inzwischen ist 700 Meter weiter westlich auch Kaufland, auch Vollsortimenter. 90 Meter vom künftigen Supermarkt-Anker entfernt und ebenfalls im Westpark ist ein Penny-Markt, 200 Meter entfernt ist ein Lidl, 500 Meter entfernt ist eine Norma, und ebenfalls 1 000 Meter weiter ein Netto-Markt. Jetzt also noch ein Supermarkt. Ist das Stadtplanung? Ja? Geht Stadtplanung so?

Vor Jahren, noch vor Eröffnung des Westparks, habe ich im Straubinger Tagblatt diese Zeilen geschrieben: „Es mehren sich Prognosen, dass auch Baumärkte künftig nicht mehr tausende Quadratmeter für Ware und Lager vor Ort vorhalten müssen. Bohrmaschine vor Ort? Kacheln und Fliesen? Ein Test- und Besichtigungsexemplar reicht, dann wird direkt heim geliefert. Wenn das auch die Zukunft der Baumärkte ist: Braucht es dann noch große Märkte? Kann es sein, dass immer mehr Handelsfläche auf Dauer nur Umverteilungskämpfe auslöst?“

Abstimmung jetzt: Genau wie damals

Und im selben Artikel: „Fachmärkte gelten derzeit noch als renditestark; selbst bei einer gewissen Leerstands-Quote ist die Rendite besser als Wohnbau. Sie werden oft nur für einen Verkauf an Fonds gebaut. Nur: Ist das auch gut für die Stadtentwicklung? Ist das im Interesse von Städten, die schon Leerstand im Handel haben, und zugleich Wohnungsnot?“

Die Einzigen, die damals gegen einen Gewerbepark und für Wohnbebauung an der Geiselhöringer Straße gestimmt haben, waren die Grünen und die ÖDP. Am Mittwoch im Bauausschuss haben Feride Niedermeier und Hans-Jürgen Hahn wieder gegen die Supermarktpläne gestimmt. Die anderen waren alle dafür, genau wie damals.

Im Straubinger Westen wird es Supermärkte zum Saufuadern geben, wie man auf gut Bairisch sagt. Unterversorgt ist der Westen ganz gewiss nicht. „Es ist halt jetzt so, wie es ist“, haben sie im Ausschuss gesagt, und das ist wahr. Und dass es so ist, liegt daran, weil sie es vor Jahren verbockt haben. Das hilft jetzt nicht weiter; aber wissen, warum es so kam, sollte man schon. Außerdem ist am Mittwoch im Ausschuss auch ein echt guter Plan präsentiert worden. Dazu demnächst mehr.

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Ende keiner Erfolgsstory

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